Berlin/virtuell, 10. Februar 2021. Die Corona-Krise macht deutlich, welch wichtige Rolle die Digitalisierung beispielsweise in der Erfassung von Infektionen, Krankheitsverläufen oder Kontaktpersonen spielt: Bis zum 05. Februar 2021 haben sich über 25 Millionen BürgerInnen die Corona-Warn App der Bundesregierung auf ihr Smartphone heruntergeladen (Quelle: Statista 2021).  Die Bereitschaft der Bevölkerung, Gesundheitsdaten zu erfassen und zu teilen, ist also da, könnte man meinen. Ist dies auch abseits der Pandemie Realität? Wie können Daten in der Gesundheit zukünftig sinnvoll, innovativ und unter ethischen Prinzipien verarbeitet und genutzt werden?

Nachdem sich die AG Ethik bereits im vergangenen Jahr damit beschäftigt hat, welche ethischen Konflikte bei der Nutzung von Gesundheitsdaten entstehen könnten, hat die AG Datendemokratie die AG Ethik zu einer gemeinsamen Sitzung eingeladen, um das Spannungsfeld zwischen möglichen Innovationen durch Gesundheitsdaten und dadurch entstehenden ethischen Zielkonflikten umfassend zu beleuchten. Mit Hilfe der beiden ExpertInnen Lars Roemheld, Leiter des Bereichs AI und Daten im Health Innovation Hub des Bundesministeriums für Gesundheit, und Dr. Sarah Becker, Geschäftsführerin des Institute for Digital Transformation in HealthCare, konnten beide Perspektiven in einer gemeinsamen Diskussion zusammengeführt werden.

abfotografierter Bildschirm von einer Videokonferenz mit 25 Personen im Bild.

In seinem Impuls „Datennutzung & Datenknappheit“ gab Lars Roemheld den AG-TeilnehmerInnen Einblicke in seine Arbeit und bemängelte dabei die Datenknappheit und nur langsam fortschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen. Es gebe zwar bereits einige Services, die beispielsweise die Suche nach ÄrztInnen in der Umgebung vereinfachen; diese seien allerdings nur mit sehr starren Suchbegriffen auffindbar und daher schwer zu finden. Handgeschriebene Medikationszettel, die teilweise von den PatientInnen selbst geführt werden, sind im Gesundheitsbereich daher noch die Regel, das Gesundheitswesen von datengestützten Behandlungsplänen und Interventionen noch weit entfernt.

Dr. Sarah Becker machte in ihrem Vortrag die Stellung und Wichtigkeit von ethischen Prinzipien in Digitalisierungsprojekten deutlich, was auch losgelöst von Gesundheitsdaten eine hohe Relevanz aufweist. Ethische Reflektionen nehmen heute und auch künftig einen immer größer werdenden Stellenwert innerhalb von Unternehmen ein. Sie würdigte auch, dass in der angewandten Medizin nach wie vor PatientInnen und nicht die Bereitstellung und der Austausch von Daten im Mittelpunkt stünden. Dennoch müsse darauf geachtet werden, dass nicht der Eindruck entsteht, viele Innovationen und Projekte würden an ethischen Hürden scheitern.

In einer anschließenden Diskussion mit den beiden ReferentInnen und AG-TeilnehmerInnen wurde unter anderem die Frage, welche gesetzlichen Regulierungen es nach ethischen Reflektionen bedürfe oder welche Datenschutzaspekte zu beachten seien, besprochen.  Schnell wurde dabei deutlich, dass die aufgeworfenen Fragestellungen nur interdisziplinär in umfassender Betrachtung und keinesfalls technologiegetrieben zu lösen seien.

Die gemeinsamen Sitzungen der AG Datendemokratie und Ethik sind hierfür ein erster Anfang und die Betrachtungsweise beider Themen wichtig für weitergehende Diskussionen. Wir freuen uns, diesen interdisziplinären Austausch bei der nächsten AG-Sitzung fortzuführen.

AG Datendemokratie

Nadja Kwaß-Benkow
Co-Leiterin AG Datendemokratie
Materna Information & Communication SE

Dr. Christian Kiehle
Co-Leiter AG Datendemokratie
msg systems ag

AG Ethik

Simone Kaiser
Co-Leiterin AG Ethik
CeRRi, Fraunhofer IAO

Dr. Nikolai Horn
Co-Leiter AG Ethik
iRights.Lab