Denkimpuls zu digitalethischen Reflexion von KI-Systemen veröffentlicht

Innerhalb der AG Digitale Ethik ist ein neuer Denkimpuls entstanden. Er schlägt eine Brücke zwischen der theoretischen Einordnung und der praktischen Umsetzung im KI-Kontext: Im Fokus steht die digitalethische Reflexion von KI-Systemen.

Die digitale Ethik hat in den letzten Jahren vor allem rund um die technologischen Fortschritte in der Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) spürbar an Relevanz gewonnen. Trotzdem stellt sich in der Praxis immer noch häufig die Frage, warum man sich – neben rechtlichen Vorgaben, Zeitdruck und knappen Budgets – auch noch mit Ethik
befassen soll. 

Eine der Antworten auf diese Frage lautet: weil KI gleichzeitig Hoffnungsträgerin und Risikofaktor ist. Ihre Funktionen von Mustererkennung bis Textgenerierung versprechen Effizienz, Fortschritt und Innovation. Gleichzeitig bergen diese Möglichkeiten Risiken: Sie können Manipulationen erleichtern, Diskriminierungen verstärken und Arbeitsplätze verändern – was zu gesellschaftlicher Verunsicherung führt. Ethik hilft, diese Ambivalenz zu durchdringen und gemeinwohlorientierten KI-Einsatz zu ermöglichen. Ihre Aufgabe ist es, jenseits von Heilsversprechen und Untergangsszenarien differenziert, lösungsorientiert und wertebasiert Chancen, Risiken und Zielkonflikte des Technologieeinsatzes zu reflektieren. Sie ist dabei nicht als Sammlung formaler Regeln zu verstehen, sondern als reflexiver, multiperspektivischer Prozess: Im Zentrum steht die Frage nach dem „Warum“ konkreter Gestaltungsentscheidungen von KI-Systemen.

In der Praxis klafft jedoch eine deutliche Lücke zwischen der theoretischen Auseinandersetzung mit ethischen Fragen und der konkreten, werteorientierten Entwicklung von KI-Systemen. Trotz zahlreicher Leitlinien, Checklisten und Frameworks fehlen kohärente Methoden, um ethische Prinzipien praxisnah, kontextspezifisch und zugleich mit Blick auf langfristige gesellschaftliche Auswirkungen zu operationalisieren. Wieso diese Lücke besteht und wie sie zu schließen ist, behandeln die Autor*innen Dr. Nikolai Horn (iRights.Lab), Dr. Sergio Genovesi (SKAD), Alina Lorenz (Universität Augsburg) und Patricia Scheiber im neuen Denkimpuls „Von der Theorie zur Praxis: Digitalethische Reflexion von KI-Systemen“

Das Papier richtet sich an Entwickler*innen, Projektverantwortliche, politische Entscheidungsträger*innen, Ethikexpert*innen sowie Organisationen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die an der verantwortungsvollen Gestaltung von KI-Systemen beteiligt sind. Es bewertet bestehende digitalethische Hilfswerkzeuge und Herangehensweisen, zeigt unterschiedliche Dimensionen ethischer Reflexion auf und bietet konkrete Ansätze zur Stärkung der ethischen Bewertungspraxis algorithmischer Systeme. So schlägt es eine Brücke zwischen der theoretischen Einordnung und der praktischen Umsetzung im KI-Kontext. Am Beispiel einer fiktiven KI-Anwendung zur Einschätzung der „Kooperationsbereitschaft“ von Bürgergeld-Empfänger*innen führen die Autor*innen vor, wie eine solche digitalethische Reflexion in der Praxis aussehen kann, und machen deutlich, wie sich unterschiedliche Risikoarten überlagern können – und wie eine proaktive ethische Reflexion auf mehreren Ebenen dazu beiträgt, diese Risiken zu erkennen und zu minimieren.

Bei dem Denkimpuls handelt es sich um eine Veröffentlichung der AG Digitale Ethik. Ziel dieser AG ist es, ethische Grundvorstellungen in die digitalisierte Welt zu übersetzen und somit durch sachliche und konstruktive Bewertung zur Orientierung beizutragen.

Ansprechpartnerin in der Geschäftstelle

Porträt von Dr. Marie Blachetta

Dr. Marie Blachetta, Referentin Digital Responsibility (sie/ihr)