AG Blog | Digitale Ethik als Querschnittsthema verankern: Was wir weitertragen
Ein Blick zurück, ein Blick nach vorn: Die letzte Sitzung der AG Digitale Ethik der Initiative D21 stand im Zeichen des Rückblicks, der Würdigung und des klaren Ausblicks. Nach zehn Jahren engagierter Arbeit wurde die Arbeitsgruppe offiziell verabschiedet. Doch eines wurde mehr als deutlich: Das Thema Digitale Ethik bleibt – als Querschnittsthema, als Haltung, als Zukunftsfrage.
Berlin/virtuell. Vor rund zehn Jahren begann die Initiative D21, sich intensiv mit der Frage zu beschäftigen, wie der digitale Wandel auch ethisch gestaltet werden kann. Was damals noch neu, abstrakt oder ungewohnt erschien, wurde im Laufe der Jahre zu einem zentralen Bestandteil unserer Arbeit. Gemeinsam mit engagierten Mitstreiter*innen ist es gelungen, digitale Ethik nicht nur zu durchdenken, sondern durch Austausch, Orientierung und befähigende Impulse auch praktisch anwendbar zu machen. Digitale Ethik ist kein Orchideenthema mehr, sondern ein ernstzunehmendes Handlungsfeld – für Unternehmen ebenso wie für öffentliche Einrichtungen. Und sie ist längst fester Bestandteil unserer Projekte: in der Bildung, der Verwaltung, der Wirtschaft.
Weil sich das Thema bei der Initiative D21 etabliert hat, verändern sich nun auch die Formate. Die AG Digitale Ethik war über Jahre hinweg ein starkes Vehikel für den notwendigen Kulturwandel. Sie hat Räume für Reflexion geschaffen, Vernetzung ermöglicht und Themen gesetzt. In ihrer letzten Sitzung blickten wir auf eine erfolgreiche Arbeit zurück und feierten den Abschluss einer AG, die viel bewegt hat.
„Ein sehr schöner Anlass, um zurückzublicken, aber auch nach Vorn auf das, was noch kommt.“
Mit diesen Worten eröffnete Lena-Sophie Müller, CEO der Initiative D21, die Sitzung und schlug dabei den Ton für einen Vormittag an, der sowohl nachdenklich als auch zuversichtlich war. Die Gründung der AG Digitale Ethik im Kontext der Debatten um autonomes Fahren im Jahr 2015 sei ein Impuls gewesen, der bis heute nachhallt:
Wir wurden plötzlich vor die Herausforderung gestellt: Wie funktioniert ethische Orientierung bei der Digitalisierung?
Die Arbeitsgruppe habe sich schnell zu einem Raum für gemeinsamen Austausch, Diskussionen und Denkimpulse entwickelt. Von Anfang an sei klar gewesen: Es geht nicht darum, schnelle Lösungen zu finden, sondern Menschen zu befähigen, mit Dilemmata umzugehen – in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.
Wir haben unseren Beitrag dazu geleistet, digitale Ethik von einem Orchideenthema hin zu einem relevanten gesellschaftlichen Diskurs zu entwickeln.
Rückblick: Diskursraum, Impulsgeberin, Vernetzungsplattform
Dr. Nikolai Horn, Co-Leitung der AG Digitale Ethik, nahm die Teilnehmenden mit auf eine Reise durch zehn Jahre AG-Arbeit:
- über 45 Sitzungen seit 2017
- Sonderformate wie „Ethics & Wine“, „Lunch & Learn“ oder die „UAG Algorithmen-Monitoring“
- Kooperationen mit anderen AGs wie der AG Bildung
Dabei sei der ethische Blick branchen- und sektorenübergreifend geschärft worden – von Wirtschaft über Verwaltung, Pflege und Gesundheitswesen bis hin zu Recruiting, Landwirtschaft und Verteidigung. Zentrale Fragen hätten die AG über die Jahre begleitet: Was ist „Digitale Ethik“ – und wo beginnt sie? Was kann und darf die Wirtschaft im Rahmen von CDR? Welche Rolle spielt das Menschenbild in der Entwicklung von KI? Wie operationalisieren wir ethische Prinzipien in Organisationen? Oder auch: Ist „Liebe“ quantifizierbar – oder gibt es Grenzen der Datifizierung?
Auch die großen ethischen Spannungsfelder des digitalen Wandels seien in den Fokus gerückt worden. Darunter unter anderem Themen wie: Mensch & Roboter, Transhumanismus, Nachhaltigkeit, CRISPR-Technologie, Neurotechnologien, Generative KI, KI im Krieg, Verschwörungsmythen oder das Metaversum. Diese und viele weitere Themen wurden in 19 Denkimpulsen aufbereitet und trugen zur Orientierung im öffentlichen Diskurs bei.
Digitale Ethik als gesellschaftliche Verantwortung
In der anschließenden Diskussion blickten die Teilnehmenden auf die große thematische Bandbreite und die vielen interdisziplinären Perspektiven, die über die Jahre eingebracht wurden. Der Austausch zwischen Ethik, Recht, Technik und Gesellschaft wurde als besonderer Mehrwert hervorgehoben. Zugleich wurde betont, dass die ethische Reflexion nicht am Ende sei. Im Gegenteil: Die AG habe einen Rahmen geschaffen, auf dem weiter aufgebaut werden könne.
Jolanda Rose, Co-Leitung der AG Digitale Ethik, formulierte den klaren Appell, die Diskussionen fortzuführen – gerade vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen:
- zunehmende Automatisierung und deren Energiebedarf
- geopolitische Spannungen und technologische Abhängigkeiten
- Cyberangriffe auf kritische Infrastruktur
- Veränderungen in der Arbeitswelt und gesellschaftliche Umbrüche
Die EU, so Rose, müsse auch weiterhin ethisch, rechtlich und technologisch souverän bleiben und sich in einer globalen Landschaft behaupten, in der Werteorientierung keine Selbstverständlichkeit sei.
Digitale Ethik als Bildungsaufgabe
Ein zentrales Thema war die Rolle von Bildung und Kompetenzen:
Es reicht nicht, nur digitale Fähigkeiten zu vermitteln. Wir müssen auch das ethische Nachdenken über Technologie fördern.
Gerade junge Menschen müssten lernen, Verantwortung zu übernehmen und technologische Entwicklungen kritisch zu begleiten.
Die Initiative D21 wird das Thema weiterhin in alle Projekte einbetten – etwa im neuen Schwerpunktthema Physical AI. Hier stellen sich erneut ethische Fragen, die in der AG diskutiert wurden – etwa beim Einsatz von Robotik in Gefahrensituationen, bei Fachkräftemangel oder im Pflegebereich.
Ein neuer Rahmen für alte Fragen
Die Arbeitsgruppe endet, aber der Prozess geht weiter. Lena-Sophie Müller machte deutlich, dass das Thema Digitale Ethik strukturell in der Arbeit der D21 verankert bleibt:
Es ist kein Stopp des Themenfelds, sondern die Weiterentwicklung von der AG zum Querschnittsthema.
Fazit: Ethische Reflexion bleibt unverzichtbar
In einer Zeit, in der Technologien immer mächtiger und komplexer werden, bleibt die digitale Ethik ein Kompass. Die AG Digitale Ethik hat in den letzten zehn Jahren wichtige Impulse gesetzt, Debatten ermöglicht und Menschen miteinander vernetzt. Nun liegt es an uns allen, diesen Kompass weiterzutragen. Wir möchten an dieser Stelle dem aktuellen AG-Leitungstandem Dr. Nikolai Horn und Jolanda Rose sowie allen vorherigen AG-Leitungen für ihr Engagement, ihren Input und ihre Zusammenarbeit danken!