Roland Dathe/Lena Starke | Zuerst veröffentlicht im Behörden Spiegel, März 2018
„Learning by doing“ statt strukturelle Förderung
Mehr als die Hälfte der Deutschen eignet sich neues Wissen im Bereich Computer, Internet und digitalen Themen vor allem eigenständig durch Ausprobieren an.
„Schon wieder ein neues System? Dabei war doch das letzte gerade einmal drei Jahre im Einsatz und erst jetzt hatten wir es halbwegs verstanden. Das geht mir alles zu schnell…“ Kennen Sie das von sich, von KollegInnen oder aus dem Bekanntenkreis? Die digitale Welt ist schnelllebig und unterzieht sich großen Veränderungen. Neue Produkte und Anwendungen kommen gefühlt in immer kürzerer Zeit und fordern von uns ein, dass wir wieder etwas Neues lernen. Das passiert im Privatleben wie auch in der Arbeitswelt. Viele ArbeitnehmerInnen fühlen sich dabei jedoch offensichtlich allein gelassen und erhalten nicht ausreichend Unterstützung durch den Arbeitgeber. Die kürzlich veröffentlichte Studie D21-Digital-Index 2017 / 2018 ergab, dass sich 56 Prozent der Befragten das benötigte digitale Wissen nach dem Motto „Learning by doing“ selbst aneignen.
Aktuell profitieren nur 15 Prozent der Befragten von bezahlten Schulungen, wie die Studie ergab. Dieses Problem erfordert Handlungen und Willen der Politik. Der vorliegende Koalitionsvertrag von Union und SPD zeigt, dass die Themen Platz auf der politischen Agenda finden. Die Schwerpunkte der Digitalisierung im Vertrag zeigen, dass ein klarer Fokus auch auf die digitale Arbeitswelt und die Ausbildung der ArbeitnehmerInnen gelegt werden soll. Projekte wie die „Initiative Berufsbildung 4.0“, die Bündelung der Weiterbildungsprogramme von Bund und Ländern oder auch die Förderung von Volkshochschulen versprechen Besserung.
Jetzt gilt es, die Projekte im Koalitionsvertrag umzusetzen und weiter auszubauen, denn digitales Wissen spielt für die Menschen in allen Bereichen eine immer größere Rolle, gerade der Arbeitsmarkt wandelt sich. Es ist wichtig, die Menschen auf diesem Weg mitzunehmen und sie durch Schulungen und Weiterbildungsangebote digital fit zu machen. Um den Lernprozess der Bevölkerung flächendeckend zu unterstützen, ist daher eine bessere Angebotsstruktur notwendig. Zusätzliche Anreize könnten zudem Menschen erreichen, die bis jetzt kaum an digitalen Themen partizipieren.
Bei diesem Thema dürfen aber nicht nur die ArbeitnehmerInnen eine Rolle spielen, denn die Vermittlung von digitalem Wissen sollte konsequenterweise bereits in der Schule beginnen. Nur so kann man sicherstellen, dass SchülerInnen auf einem grundlegenden digitalen Wissensstand sind und auf die Herausforderungen der modernen Welt vorbereitet sind Für sie wird es elementar wichtig, sich in neu entstandenen Berufswelten zu behaupten. Digitale Kompetenzen müssen im Schulsystem verankert und digitale Berufsfelder erläutert werden.
Fast jeder Dritte fühlt sich von der Dynamik und der Komplexität der Digitalisierung überfordert, wie der D21-Digital-Index ergab. Gerade diesen Menschen fällt das „Learning by doing“ besonders schwer. Sie brauchen geeignete Angebote, die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Anstrengungen benötigen.