Get Together zu „Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen“

Wissensmanagement zu Gesundheitsdaten von Flüchtlingen braucht Verbesserung

Am 10. Oktober 2016 lud die Initiative D21 zum sechsten Mal interessierte Akteure aus Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft in die Microsoft Digital Eatery in Berlin, um Fragen der Flüchtlingshilfe in Deutschland zu diskutieren. Thema war dieses Mal die Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen. Deutlich wurde, dass Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, gesünder sind, als deutsche Bürger im Vergleich und für Krankenkassen keine Belastung darstellen. Hürden stellen Sprachbarrieren und ein unzureichender Wissenstransfer zwischen Behandelnden, Verwaltungen und Krankenkassen dar. Der stärkste Krankmacher ist mangelnde Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt.

Wie die momentane Gesundheitsversorgung aussieht und welche Hürden dabei zu erkennen sind, diskutierten Malek Bajbouj, Universitätsprofessor und Leiter Charité hilft, Matthias Muß, Geschäftsbereichsleiter Kundenmanagement DAK-GesundheitNadine Paul, Vertreterin der BKK VBU und Heiko Warnken, Referatsleiter Umwelt und nachhaltige Ressourcennutzung des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Informationstransfer und Sprachbarrieren als zentrale Hürden

Bajbouj stellte fest, dass die Herausforderungen auf vielen Ebenen stattfinden und betonte konkrete Hürden, wie den geringen Informationstransfer sowie Sprachen und ihre zahlreichen Dialekte. Warnken erwähnt darüber hinaus kulturelle und länderspezifischen Unterschiede der Gesundheitssysteme, die zwischen Behandelnden und Flüchtlingen zu Missverständnissen führen können. Sprachbarrieren werden bereits durch verschiedene Web-Applikationen wie dem HealthNavigator angegangen. Krankenkassen und die Charité stellen zunehmend Mitarbeiter ein, die Arabisch sprechen, aber auch Flüchtlinge selbst unterstützen bei Übersetzungen.


Der unzureichende Informationstransfer und fehlende Daten über Flüchtlingszahlen und damit verbundene Behandlungsbedürfnisse sind zentrale Probleme. Diese Informationen sind wichtig, um Ressourcen zu steuern und längerfristig zu planen. Was wir bisher wissen ist, dass Flüchtlinge in Deutschland gesünder sind als deutsche Vergleichsgruppen. Auch psychische Probleme, wie posttraumatische Belastungsstörungen, sind momentan kein häufig auftretendes Problem, so Bajbouj. Jedoch ist nicht abzusehen, ob Folgen nach einem längeren Aufenthalt in Deutschland auftreten, denn die häufigste Ursache für psychische Probleme sei die Perspektivlosigkeit, mangelnde soziale Integration und Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Gezielte Datenerhebungen und Wissensmanagement können helfen, die Zahl der möglichen Patienten besser zu kalkulieren.

Flüchtlinge stellen kein schwerwiegendes Problem für Krankenkassen dar, so Muß von der DAK-Gesundheit. Es gäbe klare Regelungen, wer behandelt werden darf und die Zahlung liege in der Verantwortung der Kommunen. In einigen Bundesländern erleichtert die elektronische Gesundheitskarte (eGesundheitskarte) für Flüchtlinge bereits Kommunikation und Informationstransfer. Jedoch weist Bajbouj darauf hin, dass weniger als die Hälfte der Asylsuchenden in Deutschland in Besitz einer eGesundheitskarte sind. Paul ergänzt, dass das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten mittlerweile Abholscheine für die eGesundheitskarte und die Karte selbst austeile. Die Podiumsgäste sind optimistisch, dass die Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen gut bewältigt werden kann. Eine größere Dokumentation von Gesundheitsdaten bei Ankunft der Flüchtlinge und ein verbesserter Informationstransfer sind Aufgaben, die Verwaltungen verstärkt angehen sollten, um die Gesundheitsversorgung zu optimieren. Die zentralen Gründe für gesunde Menschen sind aber eine erfolgreiche gesellschaftliche Integration, soziale Kontakte, Ausbildung und Arbeitsplätze.

Im Überblick: Unsere Podiumsgäste zum Thema „Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen“:

  • Prof. Dr. Malek Bajbouj hat das Projekt Charité hilft ins Leben gerufen um Flüchtlinge schnell behandeln zu können. Hierfür hat er sich mit dem Senat zusammengesetzt und ausgemacht, dass es keiner weiteren verwalterischen Aktionen, wie eines Behandlungsschein bedarf. In der Charité werden Flüchtlinge geimpft und behandelt, ihr Status ist dabei irrelevant.
  • Der Geschäftsbereichsleiter des Kundenmanagements der DAK-Gesundheit, Matthias Muß, fördert nicht nur die allgemeine Aufklärung von Diabetes und ist Partner der Diabetesaktion, die DAK-Gesundheit hat auch die elektronische Gesundheitskarte für Flüchtlinge eingeführt.
  • Auch Nadine Paul von der BKK VBU kennt sich mit dem Thema gut aus, die BKK VBU bietet den Flüchtlingen zu Beginn ein Paket an Informationsmaterial und Merkblättern, um sich schneller und besser zurechtzufinden.
  • Heiko Warnken vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung war unter anderem als Ländermanager für die Zusammenarbeit mit Afghanistan, Bangladesh, Ägypten, Syrien und dem Libanon verantwortlich. Er agiert außerdem als Referent für wirtschaftliche Zusammenarbeit an den Botschaften Addis Abeba und Nairobi sowie an der ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen in Genf.

 

6. Community-Treffen | Flüchtlingshilfe