„Digitalisierung – die neue Gefahr für die Demokratie!?“. Zu dieser Leitfrage veranstaltete die Initiative D21 die Fachkonferenz „Data & Politics Vol. 2“ am 24. Mai 2018 in den Räumlichkeiten von Microsoft Berlin. Zahlreiche Expertinnen und Experten aus Zivilgesellschaft und dem politischen Bereich diskutierten über aktuelle Entwicklungen, Chancen und Gefahren.

Ausgangslage der Konferenz war die Beobachtung, dass technische Einflüsse die Spielregeln in Politik und Wahlkampf grundlegend verändert haben. Die vergangenen Wahlkämpfe in Frankreich, den Niederlanden oder Deutschland waren geprägt von neuen digitalen Einflüssen wie Chatbots, Big Data, Cyberangriffen und der Angst vor Manipulation, Profiling und Fake News. Die Digitalisierung verändert, wie Menschen politisch diskutieren, sich beteiligen und Informationen aufnehmen. Bringt die Digitalisierung tatsächlich mehr Demokratie und Freiheit mit sich – oder unterläuft der rasante digitale Wandel die Demokratie?

Impulse, Filterblasen und Big Data

Die Moderatoren der „Data & Politics Vol.2“ übernahmen Martin Szugat (Datentreiber GmbH, links) und Björn Stecher (Initiative D21).

Die Keynote „Obama to Macron: How Data and Technology Have Transformed Electoral Campaigns“ hielt Guillaume Liegey, der auch am Wahlkampf von Emmanuel Macron mitgewirkt hat. Sein Unternehmen Liegey Muller Pons revolutionierte den französischen Wahlkampf durch das Zusammenführen riesiger Datenbestände.

Michael Seemann (Autor & Blogger, ctrl-verlust.net) erklärte in seinem Vortrag die Entstehung von Filterblasen, den digitalen Tribalismus und wie die Polarisierung der Gesellschaft entsteht.

Waren wir zu naiv in der Nutzung der sozialen Medien? Dieses und weitere Themen aus Politik und dem Umgang mit Daten diskutierte Björn Stecher mit politischen Akteuren auf einem Panel.

(v.l.): Malte Spitz (Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Medien und Netzpolitik | Bündnis 90 / Die Grünen), Michael Seemann, Anisa Fliegner (Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Netzpolitik | Die Linke) und Dr. med. Beatrice Moreno (Sprecherin des Forums Netzpolitik | SPD).

Parallele Sessions

Es folgten parallele Sessions zu unterschiedlichen Schwerpunkten mit jeweils mehreren Vorträgen.

Session 1: Insights Data Elections

„Datengestützte Kampagnen im Bundestagswahlkampf 2017. Auf dem Weg zur gläsernen Wähler*in?“ von Dr. Matthias Orlowski (Data Scientist, areto consulting).

„Bessere Wahldaten – Einblicke in den Stand der öffentlichen Wahlstatistik und ihrer Potenziale“ von Ulrike Thalheim (Policy Analyst, OK Lab Berlin).

„Was kommt nach klassischen Meinungsumfragen? Predictive Analytics für Wahlforschung“ von Dr. Marcus Groß (Senior Data Analyst, INWT Statistics).

Session 2: Fake News und Politische Kommunikation

„Von Hate Speech zur positiven Debattenkultur: Einblicke in zivilgesellschaftliche Positionen“ von Nadine Brömme & Hanna Gleiß (betterplace lab / Das NETTZ – Vernetzungsstelle gegen Hate Speech).

„Wahlkampfpsychologie und Kampagnentechnologie | Campaigns & Technology“ von Dr. Reza Kazemi (CEO & Wahlkampfberater, Campaigns & Technology).

Session 3: Politics und KI

„Mein Kanzler, der Roboter“ von Dr. Aleksandra Sowa (AK Digitale Gesellschaft).

„Wenn Algorithmen richten, hilft kein Gericht – Öffentlichkeit im Kontext von Algorithmen und KI“ von Julia Krüger (netzpolitik.org).

„Defending Democracy – Programme und Regulierungsbedarfe“ von Thomas Langkabel (National Technology Officer, Microsoft Deutschland) und Nemanja Malisevic (Cybersecurity & Democracy Team, Microsoft Corporation).

SpiegelMining: Was Meta-Daten alles verraten

Einen besonderen Vortrag zum Abschluss hielt der Data Scientist David Kriesel. Er analysiert seit Jahren die Metadaten von Spiegel Online und zeigte in beeindruckender Manier auf, welche Rückschlüsse neutrale Daten zulassen, wenn man nur genug davon sammelt und richtig miteinander verbindet. Welche Redaktionen fangen wann an zu arbeiten, wer ist im Urlaub, welche Themen sind zu welcher Zeit mit welchen Begriffen populär, miteinander verwandt und vieles mehr.

David Kriesel (Data Scientist, dkriesel.org)

Fazit

Die Veranstaltung zeigte, dass die Veränderungen in der politischen Kommunikation, der Umgang mit Daten im Wahlkampf, neuen Technologien wie künstliche Intelligenz noch weitere Debatten braucht. Der Einsatz von neuen Technologien im politischen Umfeld führt in der Gesellschaft und Politik noch zu Verunsicherung, ob und wie weit die Digitalisierung ein Mehrwert für die Demokratie sein kann. Die ReferentInnen zeigten aber, dass es neben der hohen Verunsicherung auch viele Möglichkeiten gibt, wie Kampagnen der Zukunft aussehen und wie Daten im Wahlkampf genutzt und demokratiefördernd eingesetzt werden können. Ob sich das in Zukunft über neue ethische Grundsätze oder mehr staatliche Regulierung realisieren lässt, gilt es in den kommenden Debatten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu diskutieren. Einig waren sich die TeilnehmerInnen darüber, dass es mehr Aufklärung bei dem Thema braucht.

Text: Roland Dathe, Fotos: Marco Jentsch / schnittstelle-berlin