Am 15. Dezember tauschten sich zum zweiten Mal Mitglieder der AG Innovativer Staat und weitere Interessierte aus Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu Themen der digitalen Flüchtlingshilfe in Deutschland aus. An diesem Abend zeigte sich, dass die Hilfsbereitschaft von Unternehmen und Zivilgesellschaft zwar groß ist, die Vernetzung und Zusammenarbeit mit der öffentlichen Verwaltung aber eine Herausforderung darstellt.

Ende Oktober startete die D21 Flüchtlingshilfe-Unterstützungs-Plattform, die kostenlose IT-Hilfsangebote im Rahmen der Flüchtlingshilfe sammelt und systematisiert. Darüber hinaus bietet die Initiative D21 als neutraler Moderator, in regelmäßigen Community-Treffen und Webkonferenzen die Möglichkeit zum Austausch zwischen Behördenvertretern, gemeinnützigen Initiativen und IT-Unternehmen. Alle interessierten Akteure der Flüchtlingshilfe sind herzlich eingeladen sich einzubringen.

Das zweite Community Get-Together (Fotos) in der Digital Eatery Berlin diente zum Austausch von Erfahrungen zu digitalen Lösung gesellschaftlicher Probleme. Dabei wurden unterschiedliche Arbeitsabläufe zwischen den einzelnen Akteuren in der Flüchtlingshilfe identifiziert.

Dr. Christoph Andersen, Leiter des Fachbereiches Steuerung und Innovation der Stadt Potsdam, Christian Lüder, Mitbegründer des Netzwerks “Berlin hilft!” und Julia Kleber von der polidia GmbH, leiteten den Abend mit einer Podiumsdiskussion ein.

Die öffentliche Verwaltung stehe angesichts der überwältigenden Flüchtlingssituation vor großen organisatorischen und infrastrukturellen Herausforderungen, betonte Dr. Christoph Andersen. Es handele sich dabei um ein Querschnittsthema, das den gesamten Verwaltungsapparat an die Grenzen der Kapazitäten bringe. Zudem seien die Flüchtlinge der öffentlichen Verwaltung in puncto Digital-Know-how überlegen. “Wir werden durch Flüchtlinge modernisiert”, sagt Dr. Christoph Andersen und verwies auf die Stadtverwaltung Potsdam. Als eine der ersten Behörden hat man dort im Juli dieses Jahres das Videodolmetschen eingeführt. So könne der gesamten Bearbeitungsprozess flexibler gestaltet und sprachliche Barrieren überbrückt werden. Die Verwaltung müsse aber zahlreiche weitere Prozesse optimieren und die Vernetzung mit der Zivilgesellschaft weiter fördern, betonte Andersen.

Christian Lüder wies darauf hin, dass die Herausforderungen für Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in 2016 laut offiziellen Prognosen noch aufwändiger und kleinteiliger würden. Er sieht darin jedoch gleichzeitig eine Chance die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren zu verbessern. Die öffentliche Verwaltung sei an vielen Stellen zwar offen, scheitere aber an langwierigen internen Abstimmungsprozessen und den Anforderungen des Vergaberechts.

Ein Angebot, dass ein gutes Beispiel für die Vernetzung zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft darstellt, ist bringt-zusammen.de. Das Matching-Tool zur Koordinierung der Flüchtlingshilfe vor Ort, wurde von Julia Kleber vorgestellt. Die Partnerkommunen Gera und Wolfsburg seien aktiv auf der Suche nach einem passenden Angebot gewesen und in der Software geschult wurden, erklärte Kleber.

Neben Registrierung und Unterbringung wird Integration das zentrale Thema 2016 sein, betonte Dr. Christoph Andersen. Die wichtigste Voraussetzung dafür sei Sprache. Dabei müsse beachtet werden, dass die meisten Flüchtlinge ein Smartphone besitzen und es ein zentrales Werkzeug zur Sprachvermittlung sein könne. Um Kommunikation und Lehre via passende Apps zu gewährleisten, sei eine Wifi-Versorgung in den Flüchtlingsunterkünften die Bedingung.

Ein Gast aus dem Publikum von schnell-helfen.de äußerte, dass  Integration auch bedeutet, eine wechselseitige Kommunikation zwischen Zivilgesellschaft und Flüchtlingen aufzubauen. Dabei können digitale Lösungen ein Mittel sein und zum Beispiel Kultur- und Freizeitaktivitäten fördern.

Konstantinos Toubekis von papagei.com brachte die Erfahrung ein, die er mit dem kostenlosen Videosprachlern-Portal gesammelt hat. Das Portal bietet Lehrvideos für Deutsch als Fremdsprache mit arabischer Untertitelung an. Er verweist auf die Herausforderung, IT-Angebote zur Flüchtlingshilfe so zu bauen, dass sie den Kommunikationgewohnheiten (z.B. WhatsApp anstatt E-Mail) der Flüchtlinge entgegen kommen. Eine genaue Kenntnis des Nutzungsverhalten müsse deshalb, z.B. mit Studien erworben werden. Die Öffentliche Hand könne dafür als Schirmherr dienen.

An diesem Abend wurde deutlich, dass es wichtig ist alle Beteiligten der Flüchtlingshilfe zu vernetzen. Nur wenn alle unterschiedlichen Verhaltensweisen und Arbeitsabläufe bekannt sind, kann eine Form von Kommunikation etabliert werden, die Probleme pragmatisch und schnell löst.

Bei Fragen dürfen Sie sich gern bei unserem Projektteam unter fluechtlingshilfe[at]initiatived21.de melden.

SAVE THE DATE // Das nächste Community-Treffen zum Erfahrungsaustausch rund um die Flüchtlingshilfe findet am 18. Februar in der Digital Eatery, Unter den Linden 17, 10117 Berlin statt.