Digitale Unternehmensverantwortung als Wettbewerbsvorteil

Die Gewinner*innen der Digital Future Challenge 2020 diskutierten mit Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, über digitale Unternehmensverantwortung.

Berlin, 22.07.2020. Die Gewinner*innen der Digital Future Challenge (DFC) 2020 diskutierten am 16. Juli mit Katarina Barley, der Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, über digitale Unternehmensverantwortung in einer virtuellen Gesprächsrunde (zum Video). Barley hat sich dem Thema Corporate Digital Responsibility (CDR) bereits in ihrer Zeit als Justizministerin in Deutschland angenommen und verfolgt es auch weiterhin, um es stärker in den europäischen Kontext einzubringen. Lena-Sophie Müller von der Initiative D21 und Dr. Söntje Julia Hilberg von Deloitte Legal stellvertretend für die Deloitte-Stiftung diskutierten mit den GewinnerInenn der DFC, den Digital Wombats, und Katarina Barley unter anderem über das von den Digital Wombats in der Challenge entwickelte Konzept von Datenschutzsiegeln.

Screenshot der Gewinner*innen der DFC 2020 und der Teilnehmenden im Gespräch mit Katarina Barley
Die Gewinner*innen der DFC 2020 und die Teilnehmenden im Gespräch mit Katarina Barley
Digital Future Challenge | Katarina Barley im Gespräch zu CDR

Ökonomische Vorteile durch CDR

Das Ziel der Digital Wombats ist es, Datenschutz nutzerfreundlich zu gestalten. Die von ihnen entwickelten vier Siegel (DataBlocks), die nur anhand bestimmter Kriterien vergeben werden, sollen für mehr Transparenz und Datensouveränität sorgen. Als Anreiz für Unternehmen, sich zusätzlich zu gesetzlichen Pflichtvorgaben für solche Siegel zu qualifizieren, wird von den TeilnehmerInnen ein klarer Wettbewerbsvorteil gesehen. Datenschutz solle demnach laut Barley nicht länger als ausbremsendes Element, sondern eben als Vorteil gegenüber anderen Anbietern wahrgenommen werden – denn ein verantwortungsbewusster Umgang mit Kundendaten mache ein Unternehmen für Verbraucher attraktiver und könne somit auch einen ökonomischen Vorteil bringen. Gerade im digitalen Raum sei es laut Barley sehr wichtig, Wettbewerb herzustellen, um die zunehmende Monopolbildung bei vielen Anbietern und Diensten zu verhindern. Die monopolistische Stellung von Unternehmen müsse, vor allem im Sinne der NutzerInnen, unterbunden werden, damit nicht zukünftig einige wenige Unternehmen den gesamten Markt kontrollieren.

Verbindung von Verpflichtung und Verantwortung

Die Teilnehmer*innen setzten sich im Verlauf der Diskussion stark mit dem Spannungsfeld zwischen gesetzlicher Verpflichtung und übergesetzlicher Verantwortung auseinander. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Gesetzgebung oft nicht detailliert und nicht schnell genug ist, um mit dem technischen Wandel mitzuhalten. Während die Politik die Rahmenbedingungen vorgibt, könnte die digitale Unternehmensverantwortung im Sinne des Verbraucherschutzes den Raum ausfüllen, den die Gesetzgebung noch nicht erfasst oder auch nicht vollständig erfassen kann. „Daten sind weder Kontrollinstrument noch Ware“, so Katarina Barley und so sollten sie von Unternehmen auch genutzt werden. Im Idealzustand würden dadurch sowohl die Unternehmen als auch die KundInnen profitieren, da Erstere durch Erfüllung von CDR-Prinzipien einen Vorteil ihrer Konkurrenz gegenüber erlangen und Letzteren vollständige Datensouveränität und Datenschutz gewährt wird.

Europäische und internationale Ebene

Auch wenn der Begriff CDR sich international bisher noch nicht durchgesetzt hat, werden Themen wie Datenschutz und Datenverarbeitung immer wichtiger. In der europäischen DSGVO ist festgeschrieben, dass „Datenverarbeitung (…) dem Wohle der Menschheit dienen (soll)“. Mit der DSGVO gilt Europa global als Vorreiter in Sachen Datenschutz. International übernehmen und kopieren bereits einige Staaten die Vorgaben der EU-Verordnung. Das zeigt, dass das Thema nicht nur in Deutschland oder Europa aktuell ist und betont dessen Wichtigkeit. Zudem zeichnet sich der Trend hin zu mehr Bewusstsein für Datenschutzbestimmungen ab. Da Digitales europäisch gedacht werden müsse, so die Digital Wombats, würden sie die Reichweite ihrer Siegel im Idealfall auch auf die EU-Ebene ausweiten wollen. Katarina Barley machte deutlich, dass die Digitalisierung einer der Schwerpunkte der zukünftigen europäischen Politik sein werde.

Aussagekraft von Siegeln

Die Digitalisierung ermöglicht viele neue Handlungsoptionen, die teilweise erst noch ethisch bewertet werden müssen. Damit die Digitalisierung gesamtgesellschaftlich Vorteile bringt, müssten nicht nur juristische, sondern auch ethische und moralische Richtlinien geschaffen werden. Eine Siegelvergabe für bestimmte, wertebasierte Kriterien zu vergeben, sei bei digitalen Produkten aufgrund der schnellen Weiterentwicklung und der Zertifizierbarkeit an sich weitaus schwieriger als bei materiellen, so Barley. Die Siegel selbst müssen transparent sein, um bei Kund*innen für Transparenz sorgen zu können. Es müsse klar sein, nach welchen Kriterien die Siegel vergeben werden, damit deutlich sei, wie fortschrittlich die zertifizierten Unternehmen tatsächlich handelten. Daher seien die Kriterien, nach denen sich die Unternehmen qualifizieren können, besonders wichtig. Sie entscheiden über die Aussagekraft der Siegel und zeigen an, wie hoch die Standards der zertifizierten Unternehmen tatsächlich sind. Die Digital Wombats arbeiten zurzeit intensiv an den Kriterien für ihre DataBlocks.

Ausblick für die Digital Wombats

Das Gewinnerteam der DFC will sein Projekt weiterverfolgen und auch auf Themen außerhalb des Datenschutzes ausweiten, so beispielsweise durch Standards für Nachhaltigkeit. Der Austausch mit ExpertInnen ist für sie bei der Entwicklung essentiell, um das nötige Fachwissen einbinden zu können. Zudem seien laut Katarina Barley für die Etablierung ihrer Siegel sind offene, selbstkritische Unternehmen notwendig, die sich tiefer mit CDR auseinandersetzen wollen. Um dabei zu helfen, die DataBlocks weiterzuentwickeln, können sich Unternehmer*innen, Sponsor*innen oder Expert*innen unter den im Folgenden aufgelisteten Adressen bei den Digital Wombats melden, um das Projekt zu unterstützen.

Abbildung der Website, Email und Social Mediahandles der Digital Wombats

Ansprechpartnerin in der Geschäftsstelle

Porträt von Dr. Marie Blachetta

Dr. Marie Blachetta, Referentin Digital Responsibility