Homeoffice kann klassische Rollenbilder fördern
Berlin. Frauen und Männer profitieren unterschiedlich stark von der Digitalisierung – und zwar sowohl im Privaten, im Beruflichen als auch im Zwischenmenschlichen. Männer haben durchschnittlich mehr Interesse an Digitalthemen, genießen aber im Beruf auch häufiger die Vorteile der Digitalisierung. Gegenwärtige Vereinbarkeitsmodelle können strukturelle Benachteiligungen und Rollenbilder fördern. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Digitales Leben“ der Initiative D21 – eine Sonderauswertung des D21-Digital-Index 2019/2020, durchgeführt von der ITM Beratungsgesellschaft mbH. Der D21-Digital-Index wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und unterstützt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Privates Interesse und Nutzung machen für digitale Berufsperspektiven fit
Männer nutzen das Internet, technische Geräte sowie Computer- und Internetanwendungen insgesamt häufiger und intensiver als Frauen. Sie sind offener für technische Neuerungen und stärker daran interessiert, ihr Wissen auszubauen – unter den höher Gebildeten sind Frauen jedoch leicht vor den Männern. Frauen nutzen das Internet und digitale Geräte häufig anders: Sie brauchen eher einen unmittelbaren Nutzen und die Anwendungen müssen sich gut in ihren Alltag einbinden lassen. Männer haben über alle Altersgruppen hinweg höheres Interesse an Digitalisierung und schätzen ihre Kompetenzen höher ein. Bei den jüngeren Generationen sind die Unterschiede gering, bei den älteren Generationen dafür umso deutlicher.
Berufliche Vereinbarkeitsmodelle fördern klassische Rollenbilder, vor allem mit Kindern im Haushalt
In der Berufswelt profitieren Frauen und Männer unterschiedlich stark von den Vorzügen digitaler Arbeitsmöglichkeiten: Männer arbeiten häufiger von zu Hause oder mobil als Frauen; Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten nutzen nur neun Prozent der Frauen aber 21 Prozent der Männer; betrachtet man nur Personen mit Bürotätigkeiten, sind es 18 Prozent der Frauen und 39 Prozent der Männer.
Diese Unterschiede verstärken sich, wenn Kinder unter 18 Jahren im Haushalt leben – und können somit zur Verfestigung von traditionellen Rollenbildern beitragen. Bei Berufstätigen mit Kindern unter 18 Jahren steigt nur der Anteil der Männer an (auf 26 Prozent), bei Frauen bleibt der Anteil der Nutzerinnen von Homeoffice nahezu gleich (10 Prozent). Die Erhebungen zeigen, dass Teilzeitkräfte bei der technischen Ausstattung und damit den Möglichkeiten auf Homeoffice und Co. benachteiligt sind – das sind deutlich häufiger Frauen als Männer, insbesondere dann, wenn Kinder im Haushalt leben
Die Studie gibt zudem Hinweise, dass die Geschlechter den Zeitgewinn durch mobiles Arbeiten unterschiedlich nutzen: Eine Erhöhung der eigenen Arbeitsqualität sehen 29 Prozent der Frauen mit und ohne Kinder. Männer ohne Kinder sehen dies zu 37 Prozent, mit Kindern im Haushalt stimmen 45 Prozent zu.
Veranstaltungsreihe bietet Forum für politischen Diskurs
Anlässlich der Studienveröffentlichung startet die Initiative D21 eine dreiteilige Gesprächsreihe zu Rollenbildern und Geschlechterunterschieden im digitalen Leben. Die Veranstaltungen thematisieren dabei unterschiedliche Schwerpunkte der Studie: Beruf, Privates und Zwischenmenschliches. Zum Auftakt am 30. Oktober diskutiert u. a. Thomas Jarzombek MdB über die strukturellen Voraussetzungen im digitalen Arbeitsleben.
Auftakt: Digitales Leben – Rollenbilder und Geschlechterunterschiede im Professionellen (30. Oktober 2020, 15:00 – 15:45 Uhr), mit:
- Thomas Jarzombek, Beauftragter des Bundeswirtschaftsministeriums für die Digitale Wirtschaft und Start-ups
- Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin der Initiative D21 e. V. und stellvertretende Vorsitzende des Beirats „Junge Digitale Wirtschaft“
- Hannes Schwaderer, Länderverantwortlicher Deutschland bei Intel Deutschland GmbH
- Lisa-Marie Fassl, Co-Gründerin und CEO von Female Founders e. V. und ehemalige Geschäftsführung der Austrian Angel Investors Association (aaia)
- Dr. Yvonne Lott, Leiterin Referat Geschlechterforschung am WSI der Hans-Böckler-Stiftung
Ziel der Gesprächsreihe ist es, einen öffentlichen und politischen Diskurs zu befördern, um für mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern zu sorgen.