AG-Blog | Zukunftsmodelle der digitalen Schulbildung

Trotz einem pandemiebedingten Digitalisierungsschub der letzten Jahre fühlen sich die Fortschritte hin zu einer zeitgemäßen digitalen Schulbildung oft klein und zu langsam an. Doch zwei zukunftsgerichtete Projekte zeigen auf, welche spannenden Visionen einer zeitgemäßen Bildung bereits bestehen. In der letzten Sitzung der AG Digitale Bildung wurden sie vorgestellt.

Berlin/virtuell. Schuldbildung ist der Grundpfeiler einer teilhabeorientierten und resilienten Gesellschaft. Durch zeitgerechte Vermittlung von Inhalten und deren praktischer Anwendung werden die Lernenden auf die Herausforderungen des Alltags und des Berufslebens vorbereitet. Der digitale Wandel stellt den schulischen Bildungsauftrag zunehmend vor Herausforderungen. Digitale Technologien sind im Alltag der Menschen angekommen und ein bewusster Umgang mit diesen ist eine Grundkompetenz für die selbstbestimmte Teilhabe an der Digitalen Gesellschaft. 

In letzter Zeit häufen sich die Stimmen, dass die deutsche Schulbildung mit dem technologischen Fortschritt der Gesellschaft nicht mithalten könne. Viele Schulen zeichnen sich durch Lücken bei der Infrastruktur und bei den Digitalkompetenzen der Lehrkräfte sowie durch fehlende zeitliche Kapazität für Veränderungsprozesse aus. Um das Ziel einer zeitgemäßen Bildung zu erreichen, müssen noch viele Hürden genommen werden, wie die Ende 2022 veröffentlichte D21-Studie „21st Century Schools – Lagebild zum Digitalen Schulunterricht in den 16 Bundesländern aus Sicht der Eltern“ zeigt. In ihrer letzten Sitzung der AG Bildung im Jahr 2022 wollte die AG Bildung diesem negativen Gefühl etwas Positives entgegensetzen. Die Mitglieder lernten zwei zukunftsweisende Projekte kennen, die zeigen, welche spannenden Visionen einer zeitgemäßen Bildung es bereits gibt.

Neue Schulkonzepte digitaler Schulbildung

Prof. Dr. Anke Langer, Direktorin des Instituts für Erziehungswissenschaften an der Technischen Universität Dresden, stellte der AG den Schulversuch „Universitätsschule – Schule der Zukunft“ vor. Die Universitätsschule ist moderner Lernort und Forschungsprojekt zugleich. Gemeinsam betreiben die Landeshauptstadt Dresden und die Technische Universität Dresden diese öffentliche und kostenfreie Gemeinschaftsschule in städtischer Trägerschaft. Ziel der Kooperation sei es, innovative Formen des Lehrens und Lernens unter wissenschaftlicher Begleitung zu erproben sowie als Aus- und Weiterbildungsstätte zukünftiger Lehrkräfte zu dienen. „Die Basis unseres 2019 gestarteten Schulversuches ist es, individuelle Entwicklungswege in kooperativen Lernprozessen umzusetzen“, so Langer. Gelernt werde daher hauptsächlich projektbezogen. Eine Gruppe von bis zu fünf Schüler*innen arbeite stets gemeinsam an einer Forschungsfrage. In diesem Prozess eignen sich die Schüler*innen, begleitet von den Lernbetreuer*innen, die Lerninhalte an. Um die Nachhaltigkeit dieses Lernprozesses zu sichern, legt der Schulversuch Wert auf Lebens- und Arbeitsweltbezug.

Screenshot aus einem Teams-Video-Call. Es wird gerade eine Präsentation über die Universitätsschule Dresden gezeigt.
Prof. Dr. Anke Langer bei der Vorstellung des Schulversuchs „Universitätsschule – Schule der Zukunft“

Unterstützt werden die Schüler*innengruppen auf diesem Weg sowohl durch das Erlernen von Projektmanagementmethoden als auch durch eine Software. Diese Lernmanagement- und Schulmanagementsoftware ermögliche, die Unterrichtsorganisation von der Entwicklung der Schüler*innen her zu planen. Individuelle Lernfortschritte ließen sich dort transparent erfassen, um damit weiterzuarbeiten:

Die Lernbegleiter*innen führen dann gemeinsam mit den Schüler*innen Entwicklungsgespräche, bei denen unterstützt durch die dokumentierte Entwicklung in den Lernpfaden erreichte und neue Schritte im Lernprozess festgelegt werden können.
Prof. Dr. Anke Langer, Technische Universität Dresden

Bildungswissenschaftler*innen der TU Dresden begleiten die Lernentwicklung der Schüler*innen aus einer Langzeitperspektive. Die Nutzung der Daten aus der eigenen Software ermögliche es hierbei, Rückschlüsse und Erkenntnisse zum gelingenden, nachhaltigen und lebenslangen Lernen zu ziehen. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse fließen zur Optimierung der Praxis in die Schulentwicklung zurück. Soziales Beisammensein wird neben den praxisbezogenen Projekten in regelmäßigen Stammgruppen erlebt, in denen man gemeinsam Feste feiert oder auch musiziert. Hier können die Schüler*innen auch Themen ansprechen und diskutieren, die ihnen am Herzen liegen. Die Universitätsschule soll die Möglichkeit bieten, sich die Schule der Zukunft vorzustellen zu können und wissenschaftliche Analysen zur Verbesserung der Prozesse nahtlos zu integrieren. 

Eine rein virtuelle Schule für alle Lernenden

Die Allgemein bildende Digitale Landesschule Mecklenburg-Vorpommern (ADiLaS) gilt in der deutschen Schullandschaft bisher als Unikat. Sie ist die einzige rein virtuelle Schule im Bundesgebiet. Dr. Ulrike Möller, Leiterin für die Stabsstelle des Schulprojekts im Ministerium für Bildung und Kindertagsförderung Mecklenburg-Vorpommern, brachte dieses neuartige Schulkonzept den AG-Mitgliedern nahe. Die Schule ohne Schulhaus mit dem Motto „Distanzunterricht ganz nah – Eine Schule für das ganze Land“ habe sich zum Ziel gesetzt, Unterrichtsausfälle zu kompensieren, und zudem Förderangebote, Ergänzungen und Fortbildung für Lehrkräfte anzubieten sowie geflüchtete Kinder zu unterstützen.

Screenshot aus einem Teams-Video-Call. Es wird gerade eine Präsentation über aDiLaS gezeigt.
Dr. Ulrike Möller hat der AG das Konzept der Allgemein bildenden Digitale Landesschule Mecklenburg-Vorpommern mitgebracht

Nach und nach solle ein vollständiges Portfolio entstehen, das den ganzen Stundenplan abdeckt. Schüler*innen sollen sich unabhängig von ihrem Wohnort mit ihren Endgeräten zuschalten können und ein echtes, wenn auch digitales, Unterrichtsangebot wahrnehmen können. Auch für die berufliche Bildung wolle man die Idee der digitalen Berufsschule verwirklichen. Hier werde zunächst mit Lernfeldern und Modulen in zwei Berufsbereichen begonnen, um dann auf Basis der Erfahrungen das Portfolio auszubauen. Das digitale Lernen an dem Schulprojekt soll über die Lernplattform „it’s learning“ organisiert werden, deren Struktur sich an den Lehrplan anpasst und intuitiv verständlich angelegt sein soll.

Um optimale Lernerfolge zu fördern, ist es immens wichtig, dass die Lernenden ihre Potenziale entdecken und entfalten können. Dafür brauchen wir sichtbare, zugewandte und verantwortungsvolle Lehrkräfte, die diesen Prozess initiieren und steuern können. Deshalb setzen wir bei ADiLaS auf spezifische Raum- und Technikkonzepte, die Begegnungen mit Menschen im Distanzunterricht fördern.
Dr. Ulrike Möller, Ministerium für Bildung und Kindertagsförderung Mecklenburg-Vorpommern

Der Endausbau des Projekts ist für das Jahr 2025 geplant. Die Schule soll dann eine einzügige kooperative Gesamtschule mit Grundschule und Sekundarstufe II umfassen. Doch schon in diesem Jahr wolle man mit dem Projekt die ersten Praxiserfahrungen sammeln.

Wahl zur neuen Leitung der AG Bildung

Mit diesen positiven Einblicken in zwei spannende Visionen zeitgemäßer Bildung beendet die AG Digitale Bildung dieses lehrreiche bildungspolitische Jahr 2022. Gemeinsam mit der AG-Leitung ließen die Mitglieder Impulse und Highlights der letzten Sitzungen Revue passieren und sammelten zukunftweisende Themen für das neue Jahr. Man darf mit Spannung erwarten, welche informativen und wissenswerten Erkenntnisse in den nächsten Sitzungen auf uns warten.

Dies wird mit einer in Teilen neu aufgestellten AG-Leitung geschehen: Turnusgemäß fand in dieser Sitzung die Wahl der AG-Leitung statt. Björn Stecher (1000 Elephants), bisheriger Co-Leiter der AG Bildung, konnte nach zwei Jahren satzungsgemäß nicht noch einmal kandidieren. Besonders seine innovativen, agilen Impulse und seine optimistische Grundhaltung in Bezug auf ein durchaus auch mal frustrierendes Thema wie die digitale Bildung in Schulen werden uns gut in Erinnerung bleiben. Wir sind dankbar, dass er der AG als Mitglied erhalten bleibt. Wir gratulieren Cornelia Schneider-Pungs (Microsoft) zur Wiederwahl und Timm Lutter (Cornelsen Verlag GmbH) zur Wahl als AG-Leitung und bedanken uns schon jetzt für das Engagement. Herzlichen Glückwunsch!

Screenshot aus einem Teams-Video-Call. 20 Fenster mit den Gesichtern unterschiedlicher Personen
Die AG-Mitglieder wählten zum Ende der Sitzung eine neue AG-Leitung

Ansprechpartnerin in der Geschäftsstelle

Porträt von Stefanie Kaste

Stefanie Kaste, Stellv. Geschäftsführerin