Auswirkungen der Automatisierung der Öffentlichen Verwaltung auf das Personal
Beim Treffen der AG Innovativer Staat ging es um die Neustrukturierung im BMI sowie die Frage, wie Verwaltungsmitarbeiter*innen auf die steigende Automatisierung in Verwaltungen vorbereitet werden können.
Berlin. „Volles Haus“ twitterten die Teilnehmer*innen zu Beginn des von Marc Reinhardt (D21-Vizepräsident) geleiteten Treffens der AG Innovativer Staat. Die angekündigten Referenten aus dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), dem Deutschen Beamtenbund und ver.di stießen auf hohes Interesse seitens der Teilnehmer*innen. Themen waren die Neustrukturierung im BMI sowie die Automatisierung in der Öffentlichen Verwaltung und die Auswirkungen auf die Mitarbeiter*innen.
Neustrukturierung Digitalisierung im BMI
Den Auftakt machte Peter Batt, Abteilungsleiter im BMI, der die Neustrukturierung der Abteilung DG (Digitale Gesellschaft, Verwaltungsdigitalisierung und Informationstechnik) vorstellte. Vor kurzem wurden die Abteilung IT und die Abteilung O zur neuen Abteilung DG zusammengefasst. Sämtliche Digitalisierungsthemen sind jetzt in dieser gebündelt. Die Unterabteilung DG I ist für die Themen rund um die Digitale Gesellschaft, u.a. auch die Datenethikkommission, sowie für die Informationstechnik zuständig. Die Unterabteilung DG II befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Verwaltungsdigitalisierung und -organisation. Hier ist zudem die BMI-seitige Koordination des Digital-Gipfels angesiedelt sowie der IT-Planungsrat. Auch die Zuständigkeitsaufteilung zwischen dem BMI und dem Bundeskanzleramt, das teilweise Kompetenzen, die vorher beim BMI lagen, übernommen hat, waren Thema. In der Unterabteilung DG III ist außerdem die Organisation der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV) angesiedelt, die stärker auf die Digitalisierung ausgerichtet werden soll.
In der Runde wurde diskutiert, dass derzeit noch ein strategischer Plan fehle, der alle Vorhaben des BMI und des Kanzleramts sowie der anderen Ministerien bündle. Hierbei wurde thematisiert, dass eine Digitale Agenda 2.0 mehr als ein Hausaufgabenheft sein müsse und es eher ein strategischer Masterplan mit strategischen Zielen statt Einzelmaßnahmen notwendig sei.
Die Aus- und Weiterbildung von Verwaltungsmitarbeiter*innen begleitet
die Arbeitsgruppe bereits seit längerer Zeit, denn die fortschreitende
Digitalisierung – und im Besonderen die steigende Automatisierung –
verändert die Tätigkeitsprofile und Anforderungen für das Personal. Die
Teilnehmer*innen der AG thematisierten daher, dass beispielsweise die
BAköV entsprechend aufgestellt werden muss, sodass die
Methodenkompetenzen von Verwaltungsmitarbeiter*innen ausgebildet werden.
Die Teilnehmer*innen waren sich einig, dass Verwaltungsmodernisierung
nicht ohne ein Umdenken in den Köpfen möglich sei.
Wie können Verwaltungsmitarbeiter*innen auf die steigende Automatisierung in Verwaltungen vorbereitet werden?
Das letzte Treffen der AG im März beschäftigte sich mit dem Thema Automatisierung bzw. automatisierten Prozessen und Verfahren in der öffentlichen Verwaltung. Die Bundesagentur für Arbeit und das BAMF stellten dabei aktuelle Umsetzungen vor. Vertreter*innen beider Institutionen berichteten von erheblichen Effizienzsteigerungen, was aber nicht dazu führte, dass Personal ersetzt wurde – was oft als Kritikpunkt bzw. unerwünschter Nebeneffekt bei der Automatisierung von Prozessen vorgebracht wird. Vielmehr veränderten sich die Aufgaben der Mitarbeiter*innen. Beide Institutionen machten dabei deutlich, dass die frühzeitige Einbeziehung der Personalvertretungen ein erfolgskritisches Schlüsselelement bei der Automatisierung sei. Es sei wichtig, Mitarbeiter*innen frühzeitig über Veränderungen ihrer Aufgabengebiete und Tätigkeiten aufzuklären und ihnen dadurch die mögliche Angst und Skepsis vor neuen Technologien zu nehmen. Vor diesem Hintergrund trat die AG bei dieser Sitzung in den Dialog mit Personalvertretungen für den öffentlichen Sektor und diskutierte, wie die Qualifizierung des Personals, insbesondere die Förderung von Digitalkompetenzen, unterstützt werden kann.
Friedhelm Schäfer, zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Beamtenpolitik beim Deutschen Beamtenbund dbb, erläuterte in seinem Impulsvortrag, dass mangelnder politischer Wille und Defizite in der Personalentwicklung eine erfolgreiche Verwaltungsdigitalisierung behindern. Es fehlen umfassende Bedarfsanalysen, um zu klären, welche Qualifikationen von den Mitarbeiter*innen langfristig benötigt werden. Eine vernünftige Personalentwicklung erfordert ständige Weiterbildung auf allen Personalebenen – besonders auch in der Führungsebene. Schäfer betonte zudem, dass Mitarbeiter*innen frühzeitig in Transformationsprozesse eingebunden und beteiligt werden müssen, um Vertrauen zu schaffen.
Aufgaben in Verwaltungen verändern sich durch die Digitalisierung permanent. Nils Kammradt, Bundesbeamtensekretär und Leiter des Bereichs Bund + Länder bei ver.di, sprach in seinem Impuls in diesem Zusammenhang von „atmenden Behörden“, die sich ständig anpassen müssen. Die Qualifizierung des Personals ist dabei eine Beschäftigungssicherung. Dafür sei laut Kammradt aber ein Kulturwandel in den Verwaltungen nötig. Besonders die Führung von virtuellen Teams, die zeitlich und räumlich entgrenzt arbeiten, verändere sich.
Neue Konzepte für Aus- und Weiterbildung von Verwaltungspersonal
Die Impulsvorträge und Diskussionen in dieser AG-Sitzung machten
deutlich, dass bei der Qualifizierung des Verwaltungspersonals allgemein
großer Handlungsbedarf besteht und Strukturen in der Aus- und
Weiterbildung verändert werden müssen. Um dies anzugehen, fehlt in den
Verwaltungen noch das Bewusstsein, Bedarfe langfristig zu planen. Zudem
sind die Auswirkungen der steigenden Automatisierung von Prozessen auf
die Tätigkeitsbereiche der Mitarbeiter*innen noch nicht ausreichend
bekannt. Eine digitale Strategie ist auch für die Personalentwicklung
nötig.