eGovernment MONITOR 2024
Der eGovernment MONITOR zeigt, ob die digitale Transformation der Verwaltung bei den Bürger*innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ankommt und Erfolge erzielt. Das seit 2010 jährlich erscheinende Lagebild hilft Entscheider*innen, Fortschritte zu messen und Schwachstellen zu identifizieren. Somit können gezielt Maßnahmen ergriffen werden, um digitale Verwaltungsleistungen zu verbessern. Der eGovernment MONITOR ist eine Studie der Initiative D21 und der Technischen Universität München unter Schirmherrschaft der Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser, durchgeführt von Kantar.
Die digitale Transformation der Verwaltung ist für den Staat Herausforderung und Chance zugleich: Scheitert sie oder hält sie nicht mit den Erwartungen der Bürger*innen Schritt, wächst die Unzufriedenheit. Gelingt sie, kann der Staat mit einem modernen und effizienten digitalen Verwaltungsangebot seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen, das Vertrauen der Bürger*innen in den Staat stärken und die Demokratie festigen. Der eGovernment MONITOR zeigt, dass die Verwaltungsdigitalisierung in den letzten Jahren messbare Fortschritte gemacht hat, die auch langsam bei den Bürger*innen ankommen.
Gleichzeitig ergibt sich aus den Ergebnissen ein klarer Arbeitsauftrag: Die digitale Transformation muss schneller und wirkungsorientierter vorangetrieben werden. E-Government-Angebote, die den Erwartungen der Bürger*innen an eine moderne und effiziente Verwaltung entsprechen, sind ein entscheidender Faktor für den Erfolg der digitalen Transformation der Verwaltung. Umgekehrt wird eine fehlende oder schlechte digitale Transformation staatlicher Leistungen zunehmend zu einem Hemmschuh, der für alle Beteiligten unattraktiv und teuer ist. Die gute Nachricht: Die Bevölkerung ist grundsätzlich offen für digitale Behördendienste. Jetzt gilt es, das digitale Angebot der Verwaltung weiter auszubauen und vor allem einfacher und komfortabler nutzbar zu machen.
Zentrale Ergebnisse im Überblick
- Leistungsfähigkeit des Staates: Für 48 % sind einfach und schnell nutzbare digitale Angebote ein Grund, dem Staat (wieder) mehr zu vertrauen.
- Treiber der E-Government-Nutzung: Eine zentrale Plattform, schnellerer Erhalt der Leistungen & mehr Personalisierung motivieren am stärksten.
Medienbruchfreiheit als Hebel: Nicht durchgängig digital nutzbare Angebote sind nach wie vor die größte Hürde für (stärkere) E-Government-Nutzung.
- Digitale Nutzungslücke: 3 von 10 Bürger*innen wählen bei Bedarf lieber den analogen als den digitalen Weg, mehr als in Österreich und der Schweiz (2 von 10).
- Online-Ausweis gewinnt an Bedeutung: Anteil der Nutzer*innen steigt von 14 % im Vorjahr auf aktuell 22 %, bleibt aber weiter hinter Potenzial zurück.
- Künstliche Intelligenz: Mehrheit ist dem Einsatz in der Verwaltung gegenüber aufgeschlossen, solange Voraussetzungen wie die menschliche Entscheidungshoheit gegeben sind.
Staatsvertrauen durch leistungsstarke digitale Verwaltung: Für 48 % wäre es ein Grund, dem Staat (wieder) mehr zu vertrauen, wenn sie staatliche Angebote und Leistungen einfach und schnell digital nutzen könnten. Die Zustimmung liegt in allen soziodemografischen Gruppen bei über 40 %. (S. 12)
Vergleich mit der Privatwirtschaft: Die wenigsten nehmen den Staat als leistungsfähig wahr: Nur 19 % (+ 6 PP) glauben, dass Behörden und Ämter so effizient arbeiten wie Wirtschaftsunternehmen. Gleichzeitig erwarten 70 % (+7 PP), dass sie die Angebote der Verwaltung im 21. Jahrhundert genauso einfach und bequem online nutzen können, wie sie es aus ihrem Alltag gewohnt sind. (S. 13)
Fortschritte kommen langsam bei Bürger*innen an: Die Zuversicht, dass der Staat in den nächsten 3 Jahren ein umfassendes digitales Angebot bereitstellen kann, ist gestiegen (29 %, +3 PP). (S. 11)
Hürden für E-Government-Nutzung: Nicht durchgängig digital nutzbare Angebote sind nach wie vor die größte Hürde für die (stärkere) E-Government-Nutzung (57 %), gefolgt von der Notwendigkeit einer digitalen Identifikation (52 %) sowie der Gewohnheit, Behördenangelegenheiten persönlich zu regeln (52 %). (S. 14)
Treiber für E-Government-Nutzung: E-Government-Angebote, die einfach und schnell auffindbar und effizient in der Abwicklung sind, motivieren die Bürger*innen zu einer (stärkeren) Nutzung. Die größten Treiber sind die besseren Auffindbarkeit durch eine zentrale Plattform (47 %), ein schnellerer Erhalt der Leistung durch digitale Dienste (46 %) sowie eine Erleichterung des Aufwands durch eine stärkere Personalisierung (42 %). (S. 15)
Substanzieller Anstieg: Der Anteil der deutschen Personalausweisbesitzer*innen, die ihren Online-Ausweis tatsächlich verwenden, hat sich von 14 % im letzten Jahr auf 22 % erhöht. Dies ist der größte Anstieg der Nutzungsquoten seit Beginn der Messung dieses Indikators. Bemerkenswert: Der Nutzungszuwachs ist in allen Bevölkerungsgruppen zu verzeichnen. (S. 19)
Grundvoraussetzung Einsatzbereitschaft: 24 % haben bereits einen Online-Vorgang abgebrochen, weil eine digitale Identifikation nötig wurde. Für jede*n Zweite*n stellt die Notwendigkeit, sich digital ausweisen zu müssen, sogar ein Hindernis für die (intensivere) Nutzung von E-Government-Diensten dar. Ein häufiger Grund: Nur bei 39 % (+9 PP) der Personalausweisbesitzer*innen ist die Online-Funktion derzeit einsatzbereit. (S. 18)
Nutzungshürden: Seltener als früher sagen die Nichtnutzer*innen, dass es keine Anwendungsfälle für die eID gebe (-8 PP auf 30 %) oder dass sie keinen Nutzen für sich in der eID sähen (-5 PP auf 16 %). Aber: Noch immer halten Komplexität und mangelnde Anwendungsmöglichkeiten am häufigsten von der Nutzung ab. (S. 19)
Interesse an mobiler Identifikation sehr hoch: Mehr als jede*r Zweite befürwortet eine einheitliche Ausweislösung auf dem Smartphone für alle Lebensbereiche. Für 84 % der Nutzer*innen ist das Smartphone die deutlich beliebtere Schnittstelle gegenüber dem Lesegerät, Tendenz steigend. (S. 20)
Digitale Identifikation in Österreich: Nach einem kontinuierlichen Anstieg der mobilen Nutzung über die letzten Jahre hinweg gibt es in diesem Jahr durch die ID Austria einen großen Sprung nach oben: 57 % der Österreicher*innen mit Smartphone nutzen nun die Verwaltungsapp (+ 19 PP). (S. 22)
Aktuelle E-Government-Nutzung: Der Anteil derer, die E-Government in den letzten 12 Monaten genutzt haben, liegt wie im Vorjahr bei 56 % (AT: 66 %, CH: 75 %). (S. 23)
Digitale Nutzungslücke: Die Digitale Nutzungslücke beziffert, wie hoch der Anteil der Personen ist, die in den letzten 12 Monaten alle notwendigen Verwaltungsangelegenheiten offline abgewickelt haben. In diesem Jahr beträgt die digitale Nutzungslücke 31 % – 3 von 10 Bürger*innen wählen bei Bedarf an einer Leistung den analogen Weg. Österreich (21 %) und die Schweiz (19 %) überzeugen dagegen mehr Menschen von ihrem digitalen Verwaltungsangebot. (S. 25)
Mobile Nutzung: 59 % derjenigen, die ein Smartphone oder Tablet besitzen und Erfahrung mit E-Government haben, haben bereits digitale Verwaltungsleistungen mobil genutzt. (S. 23)
Zufriedenheit: Die Bevölkerung in Deutschland beurteilt das E-Government-Angebot in diesem Jahr insgesamt besser als im Vorjahr: Die allgemeine Zufriedenheit steigt auf 62 % an (+ 4 PP), bleibt aber deutlich hinter Österreich (74 %) und der Schweiz (79 %) zurück. Besonders stark ist der Anstieg in den jüngeren Generationen – am stärksten in der Generation Z von 59 auf 68 %. (S. 26)
Regionale Unterschiede: Die Nutzung und Akzeptanz von digitalen Verwaltungsangeboten hängt derzeit noch stark davon ab, in welchem Bundesland man lebt, was auf ungleiche digitale Infrastrukturen und Angebote hinweist. (S. 27)
Entwicklung der letzten Jahre: Mit Blick auf die letzten 3 Jahre fallen vor allem die heterogenen Entwicklungsmuster der Nutzung je nach Bundesland auf. Bei der Zufriedenheit, die sich gegenüber 2021 fast flächendeckend um Prozentpunkte im zweistelligen Bereich verbessert hat, zeigt sich hingegen ein einheitlich positives Bild. (S. 27)
Bundesländer-Steckbriefe: Steckbriefe zu jedem einzelnen Bundesland analysieren den aktuellen Status quo aus der Perspektive der Bürger*innen und zeichnen Entwicklungen und Fortschritte nach. Untersucht werden Kennzahlen zur Nutzung, zur Zufriedenheit, zur Digitalen Nutzungslücke und zur Nutzung des Online-Ausweises. (S. 28-31)
Abwicklung der Einkommensteuererklärung: Die Einkommensteuererklärung ist unter den abgefragten Leistungen die am häufigsten online genutzte Verwaltungsleistung in Deutschland. Entsprechend ist die Digitale Nutzungslücke mit 21 % vergleichsweise gering. Zwischen den soziodemografischen Gruppen zeigen sich keine nennenswerten Unterschiede. (S. 33)
Kindergeld beantragen: Die meisten Bürger*innen, die Kindergeld beantragen, machen das bereits online (Digitale Nutzungslücke: 32 %) und sind mit dem Online-Angebot auch zufrieden (84 %). Allerdings neigen insbesondere Menschen in ländlichen Regionen dazu, den Antrag weiterhin offline zu stellen, auch wenn sie die Online-Möglichkeit kennen. (S. 34)
Bürgergeld beantragen: Da es sich beim Bürgergeld um eine existenzsichernde Unterstützungsleistung handelt, ist es für die Antragsteller*innen entscheidend, Fehler zu vermeiden, die den Erhalt der Unterstützung verzögern oder gefährden könnten. 22 % derjenigen, die sich bewusst für die Offline-Beantragung entscheiden, geben dies als Grund an. Ein einfacher und intuitiver Online-Prozess ist daher unerlässlich. (S. 36)
Kraftfahrtzeug an-/ab-/ummelden: Diese Leistung weist die zweitgrößte Digitale Nutzungslücke (56 %) aller abgefragten Leistungen auf – nur das Um- oder Anmelden eines Wohnsitzes wird noch häufiger offline erledigt. Der Hauptgrund dafür ist, dass viele nicht wissen, dass die Online-Option mittlerweile verfügbar ist. Selbst wenn sie eine Online-Möglichkeit vermuten und danach suchen, bleibt ihr Versuch oft erfolglos. Dabei existiert eine erhebliche Bereitschaft, die Leistung online zu nutzen. (S. 38)
Vertrautheit der Bürger*innen mit KI: 80 % glauben, den Begriff „Künstliche Intelligenz“ erklären zu können oder zumindest ungefähr zu wissen, was er bedeutet. 6 von 10 haben bereits Nutzungserfahrungen. Allerdings schreiben 23 % der Bürger*innen KI auch mindestens eine von 3 Fähigkeiten zu, für die es derzeit noch keine Evidenz gibt. (S. 42)
Akzeptanz von KI-Einsatz in der Verwaltung: Die Bevölkerung steht dem Einsatz von KI in der Verwaltung mehrheitlich aufgeschlossen gegenüber, solange bestimmte Voraussetzungen wie die menschliche Entscheidungshoheit gegeben sind (75 % stimmen dem Einsatz von KI in der Verwaltung unter bestimmten Bedingungen zu, weitere 11 % sind sogar ganz generell einverstanden). (S. 44)
Bedenken: Die Bürger*innen sorgen sich, dass nicht mehr klar sein könnte, wer die Verantwortung für getroffene Entscheidungen trägt (für 45 % eines der 3 größten Bedenken). Besonders problematisch ist das für die Menschen, wenn die eingesetzte KI Fehler macht (42 %). Auch die Befürchtung, dass es am Ende schwer nachvollziehbar ist, wie KI-Systeme zu ihren Entscheidungen kommen, gehört für 40 % zu den größten Bedenken. (S. 45)