AG-Blog | Die Corona-Pandemie als Stresstest für die öffentliche Verwaltung
Die Corona-Krise traf auch die öffentliche Verwaltung mit voller Wucht. Welche besonderen Herausforderungen gab es für sie? Bewirkt die Krise möglicherweise einen dauerhaften Schub für die Digitalisierung?
Berlin/virtuell. Die zweite Sitzung der AG Innovativer Staat im Jahr 2020 fand aufgrund der Corona-Krise erstmals virtuell per Videokonferenz statt. Auch in vielen Verwaltungen nutzen die Mitarbeiter*innen seit der Ausnahmesituation nicht nur derartige Tools stärker, es arbeiten auch immer mehr vom Homeoffice aus – eine immense Herausforderung, nicht nur aufgrund der Vielzahl von Menschen, sondern besonders wegen hoher Sicherheitsanforderungen und des Kontakts zu Bürger*innen.
Die AG beschäftigte sich mit der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung unter den Bedingungen der momentanen Ausnahmesituation durch die Corona-Krise.
Bundesagentur für Arbeit: 25.000 Mitarbeiter*innen im Homeoffice
Dr. Markus Schmitz, CIO der Bundesagentur für Arbeit (BA), stellte der Arbeitsgruppe vor, welchen besonderen Herausforderungen die Behörde durch die Corona-Pandemie gegenüberstand und welche Maßnahmen sie ergriffen hat. Die BA habe in den letzten Jahren sehr stark in moderne Infrastruktur, Technik und Sicherheitskonzepte investiert und ihre Plattformen so konstruiert, dass sie in Stresssituationen skalierbar seien. Dadurch sei nun eine schnelle Reaktion auf die Krise möglich gewesen. Die neuen Kund*innenanforderungen führten laut Schmitz zu einer Express-Digitalisierung der Arbeitsagentur. So wurden beispielsweise eine neue App zur Antragshilfe bei Kurzarbeit innerhalb von drei Wochen und ein „Digital-Lotse“ zur einfachen Prüfung des Anspruchs auf Grundsicherung entwickelt. Zudem habe die BA ihre eigene Infrastruktur hochskaliert, um eine neue Dimension der Arbeit im Homeoffice durch immensen Lizenzen- und Hardware-Ausbau zu ermöglichen. Statt üblicherweise rund 2.000 Mitarbeiter*innen im Homeoffice seien es zwischenzeitlich über 25.000 gewesen. In der Krisensituation habe man zudem Ausnahmeregelungen ergriffen, um schnelle Entscheidungen und unkomplizierte Antragsstellungen zu ermöglichen.
Schmitz erwartet, dass viele der jetzigen Veränderungen auch nach der Krise bleiben würden:
Durch Corona werde die Bundesagentur für Arbeit einen dauerhaften Schub für die Digitalisierung erleben. Besonders erfreut zeigte er sich über den damit verbundenen Mentalitätswandel bei den Mitarbeiter*innen. So mussten jene beispielsweise bei einem Ausfall der Telefonanlagen auf vorher kaum verwendete Videokonferenzen ausweichen. Der „Zwang“, sich mit dem neuen Tool auseinanderzusetzen, führte dazu, dass die Mitarbeiter*innen neugierig auf die dort verfügbaren Funktionen wurden und diese ausprobierten. Dadurch bauten sie Ängste und Vorbehalte gegenüber neuen digitalen Tools ab – ein Veränderungsprozess, der sonst Jahre dauere.
Gemeinde-Cockpit – Dashboard für kommunale EntscheidungsträgerInnen
Jana Janze und André Saltymakov stellten das aus dem #WirVsVirus-Hackathon der Bundesregierung hervorgegangene Projekt „Gemeinde-Cockpit“ vor. Dabei handelt es sich um ein Dashboard für kommunale Entscheidungsträger*innen, das einen schnellen Überblick über wichtige Daten bieten soll, um fundierte Entscheidungen treffen zu können – sowohl in Krisensituationen wie der aktuellen Pandemie als auch danach. Je nach Bedarf könnte man dabei beispielsweise anzeigen, wie viele Neuinfektionen es gerade gäbe, wie die Personalsituation in kritischer Infrastruktur wie Krankenhäusern oder Feuerwehr wäre, aber auch „weiche“ Daten (zum Beispiel ob gerade vermehrt nach Seelsorge gesucht wird) sollen abbildbar sein.
Das Dashboard soll eine möglichst schnelle Datenerfassung und Darstellung ermöglichen und den bis jetzt überwiegenden, langwierigen Prozess der Datenübermittlung per Telefon oder Fax ablösen. Denn vor allem in Situationen wie der Corona-Pandemie seien aktuelle Daten fundamental für das Treffen angemessener Entscheidungen.
Das „Gemeinde-Cockpit“ wurde durch zwei verschiedene Umsetzungsprogramme für die besten Projekte des Hackathons gefördert, Solution:Enabler und Solution:Builder. An einem Projekt des Solution:Enablers, das vom BMBF gefördert wurde, war auch D21-Vizepräsident Thomas Langkabel beteiligt.
Fazit
Die Ausnahmesituation durch Corona stellt die öffentliche Verwaltung zwar einerseits auf eine besondere Bewährungsprobe, kann dadurch aber gleichzeitig auch ein starker Antrieb für die Verwaltungsdigitalisierung sein. Eine leistungsstarke und skalierbare Infrastruktur und agile Prozesse können sich in dieser Situation enorm auszahlen. Die Krise bewirkt außerdem digitale Lerneffekte, beispielsweise durch die überwiegende Arbeit im Homeoffice, und gibt durch den akuten Zeitdruck Rückenwind für schnelle, digitale Weiterentwicklungen, Anpassungen und Entscheidungsprozesse.
Um in der Corona-Pandemie angemessene politische Entscheidungen treffen zu können, sind aktuelle Daten für Entscheidungsträger*innen als Basis unverzichtbar. Daten schneller und einfacher zugänglich zu machen hat in der jetzigen Situation somit zusätzlich an Bedeutung gewonnen. Um dies zu ermöglichen, können digitale Lösungen wie das Gemeinde-Cockpit-Dashboard eine große Hilfe sein.