AG-Blog | Die Open-Data-Strategie der Bundesregierung

In der 2021 veröffentlichten Open-Data-Strategie der Bundesregierung finden sich Überlegungen zum Mehrwert offener Daten, eine Bestandsaufnahme für Deutschland und Handlungsfelder für konkrete staatliche Maßnahmen. Die AG Datendemokratie widmete sich der Strategie aus verschiedenen Perspektiven.

Berlin/virtuell. Im Juli 2021 hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat die Open-Data-Strategie der Bundesregierung veröffentlich. Die daran anschließenden Gespräche und Diskussionen sowie die prominente Erwähnung der Einführung eines Rechtsanspruchs auf Open Data im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung haben dem Thema offene Daten zusätzliche öffentliche Aufmerksamkeit verschafft. Aus diesem Grund hatte sich die AG Datendemokratie für ihre virtuelle Sitzung vorgenommen, die Open-Data-Strategie der Bundesregierung aus den Perspektiven von Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft genauer zu betrachten und dabei die Frage in den Blick zu nehmen, inwiefern offene Daten einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten können.

Open Data in der Praxis

Für den Start in den Tag hatten die AG-LeiterInnen Nadja Kwaß-Benkow und Dr. Christian Kiehle zunächst einen Referenten eingeladen, der Open Data tagtäglich im Einsatz hat: Christian Horn ist Leiter der Geschäfts- und Koordinierungsstelle GovData. Das „Datenportal für Deutschland“ bietet einen einheitlichen, zentralen Zugang zu Verwaltungsdaten aus Bund, Ländern und Kommunen. Ziel ist es, diese Daten an einer Stelle auffindbar und so einfacher nutzbar zu machen.

Portrait von Christian Horn
Christian Horn über die Open-Data-Praxis in Deutschland

Horn gab anhand vieler konkreter Beispiele aus der Open-Data-Praxis einen Einblick, was im GovData-Portal alles möglich ist. So können beispielsweise BürgerInnen Regierungshandeln besser nachvollziehen, indem im Rahmen des Transparenzgesetzes Verträge online bereitgestellt werden – ein großer Schritt auf dem Weg zu einer vertrauenswürdigen Datenbasis, die man Fake News entgegenstellen könne. Die Verwaltung werde entlastet, weil Dank Informationen im Transparenzportal die telefonischen Bürger*innenanfragen zahlenmäßig zurückgegangen seien. Und auch die Verkehrsführung in Navigationstools könne man mit Open Data geschickt lotsen: indem beispielsweise Strecken entlang besonderer touristischer Highlights zur Verfügung gestellt würden. Auch die Wirtschaft sehe den Nutzen von Open Data; Telekommunikationsanbieter hätten beispielsweise offene Infrastrukturdaten genutzt, um den Highspeed-Internetausbau in Kommunen mit geringem Planungsaufwand voranzutreiben, und Versicherungen würden beispielsweise offene Wetterdaten weiterverwenden. Einen positiven Nebeneffekt hob Horn noch hervor, mit dem zu Beginn gar nicht unbedingt gerechnet worden war:

Bei uns in Hamburg hat sich eine Open-Data-Community gebildet.
Christian Horn, GovData

Die Open-Data-Strategie, ihre Handlungsfelder und Maßnahmen

Von diesen Praxisbeispielen ausgehend warf Pia Karger, Leiterin der Abteilung Digitale Gesellschaft und Informationstechnik sowie IT-Beauftragte des BMI, einen Blick auf das große Ganze: Sie stellte die im Juli veröffentlichte Open-Data-Strategie der Bundesregierung vor. Eindrücklich verglich sie dabei den neuen Status Quo mit dem alten von 2017, als das erste Open-Data-Gesetz verabschiedet wurde. Dieses enthielt zwar die Verpflichtung, offene Verwaltungsdaten bereitzustellen, habe aber nicht den damals erhofften Durchbruch gebracht. Die Aktualität der bereitgestellten Daten sowie die maschinelle Weiterverwendbarkeit ließen oft zu wünschen übrig, Urheberrechtsfragen wurden nicht ausreichend geklärt und Schnittstellen waren nicht auf der Höhe der Zeit.

Portrait von Pia Karger
Pia Karger über die im Juli von der Bundesregierung veröffentlichte Open-Data-Strategie

Mit dem zweiten Open-Data-Gesetz, das im Juli 2021 in Kraft getreten ist, soll sich das ändern, „damit sind wir für die Zukunft gut aufgestellt“, so Karger. Sie hob hervor, dass das „Open by Default“-Prinzip nun in der Bundesverwaltung gestärkt worden sei, und bezeichnete aus dem Maßnahmenkatalog die Einrichtung von Open-Data-KoordinatorInnen als besonders vielversprechend. Beides helfe dabei, eine echte Open-Data-Kultur zu etablieren, auch und gerade bei den Verwaltungsmitarbeiter*innen: 

Vielleicht schaffen wir es, zu erreichen, dass die Menschen beim Thema Daten nicht wegen Datenschutz mit den Augen rollen, sondern sich über die Potenziale und Erkenntnisse freuen, die in den Daten stecken.
Pia Karger, BMI

Die Open-Data-Strategie, die aus dem zweiten Open-Data-Gesetz hervorging, sieht neben der neuen Datenkultur, die mit Datenkompetenzen einhergehen muss, zwei weitere Handlungsfelder vor: die Verbesserung der Datenbereitstellung und die Datennutzung. Mit 68 verschiedenen Maßnahmen sollen in den nächsten fünf Jahren diese Ziele angegangen werden, darunter das Dashboard Deutschland, in dem z. B. Covid-19-Daten visualisiert werden, der Unfallatlas des statistischen Bundesamts, mit dem Kommunen die Straßenführung anhand von straßengenauen Unfallschwerpunkten angleichen können, und die Gründung einer Digitalakademie, die umfassende Fortbildungsangebote rund um Digitalisierung und agiles Arbeiten für Verwaltungsmitarbeitende und Führungskräfte anbietet. „Wenn alle Akteur*innen kompetenter werden, kommt die Bereitstellung und Weiternutzung offener Daten allen zugute“, so Karger.

Die Teilnehmenden tauschen sich aus
Die Teilnehmenden im gemeinsamen Austausch

Open Data aus Perspektive von Zivilgesellschaft, Verwaltung und Wirtschaft

Die Open-Data-Strategie identifiziert vor allem drei gesellschaftliche Bereiche, in denen große Chancen durch offene Daten liegen: 

  1. Effizienzgewinne in der Verwaltung
  2. Beitrag zu zivilgesellschaftlichen und ökologischen Initiativen sowie 
  3. datengetriebenes Wirtschaftswachstum. 

Diesen drei Bereichen widmeten sich in der anschließenden Paneldiskussion drei Expert*innen und diskutierten über die Potenziale und Hürden der Nutzung offener Daten aus ihrer jeweiligen Perspektive: Thilak Mahendran, Leiter des Kompetenzzentrum Open Data beim Bundesverwaltungsamt, vertrat die Verwaltungsperspektive, Adriana Groh, Projektleiterin THE NEW INSTITUTE und ehemalige Leiterin des Bereichs Civic Tech bei der Open Knowledge Foundation Deutschland e. V., sprach für zivilgesellschaftliche Organisationen, und Ralf Kleinfeld, Information Security Officer und Leiter der Abteilung Information Governance bei der Otto GmbH & Co KG, brachte die Perspektive eines großen Unternehmens auf Open Data ein. Anschließend an den Impuls von Pia Karger war auch in der Diskussion der Kernaspekt, dass der Nutzen von Open Data nach wie vor mehr in den Vordergrund gestellt werden müsse. Dies könne in Verwaltung, Zivilgesellschaft und Industrie nur durch einen Kulturwandel geschehen, der den Wert und die Chancen einer Open-Data-Nutzung in den Vordergrund stelle und nicht die Risiken aus Sicht den Datenschutzes überbetone.

Den Nutzen von Daten darzustellen, sehen wir auch als eine der Aufgaben unserer AG Datendemokratie an.
Dr. Christian Kiehle, Co-Leiter der AG Datendemokratie

 So wird das Thema Open Data die AG sicher auch in ihrer zukünftigen Arbeit weiter beschäftigen.

Ansprechpartner in der Geschäftsstelle

Porträt von Alexander Köhler