Medienmündigkeit und Teilhabe: Schlüssel für die Zukunft

Interview mit Prof. Dr. Tong-Jin Smith zum Thema „Information und Kommunikation“ im D21-Digital-Index 2024/2025

Schwarz-weiße Bearbeitung eines Porträts von Tong-Jin Smith

Zum Einstieg: Wie haben soziale Medien Ihrer Meinung nach die Art verändert, wie Menschen sich informieren und miteinander kommunizieren? Lässt sich ein fundamentaler Unterschied zu den Informationsprozessen von vor 20 oder 30 Jahren feststellen? Und welche Trends sehen Sie für die Zukunft der Kommunikation im digitalen Zeitalter?

Soziale Medien haben die Art und Weise, wie wir kommunizieren und uns informieren, grundlegend verändert. Sie sind zu einer virtuellen Erweiterung unseres Kommunikationsrepertoires geworden, die uns einerseits mehr Freiheiten einräumen, als es Massenmedien wie gedruckte Zeitungen, Radio, TV etc im analogen Zeitalten getan haben.

Plötzlich können wir selbst entscheiden, wann und wo wir welche „Nachrichten“ konsumieren, woher sie kommen und wer sie uns liefert. Gleichzeitig können wir in Echtzeit an der Nachrichtenproduktion und -distribution teilnehmen. Das gilt auch für alles Unterhaltsame, Kreative und Persönliche.

Wenn ich vor allem junge Menschen in ihrem täglichen Umgang mit Plattformen wie Instagram, TikTok und Snapchat beobachte, dann sehe ich eine Menge Kreativität und persönliche Ausdrucksmöglichkeiten. Sie sind oft gut darin, Trends zu entwickeln, sich an Trends anzuhängen und sich auch bewusst oder unbewusst an Algorithmen anzupassen, damit ihr Content von anderen wahrgenommen wird. So finden sie in diesen digitalen Räumen ihre „Tribes“, also Gruppen, mit denen sie sich identifizieren und austauschen können. Was ich damit sagen will: Nicht alles an sozialen Medien ist schlecht, auch wenn wir uns natürlich alle des Suchtpotenzials bewusst sind. Gerade Jugendliche, die vielleicht im direkten Umfeld auf wenig Gegenliebe stoßen oder sich nicht verstanden fühlen, haben in sozialen Medien die Möglichkeit, Zugehörigkeit zu empfinden und Anerkennung zu erfahren. Dass das auch Gefahren birgt, keine Frage – von Diskriminierung über sexualisierte Gewalt bis politische Radikalisierung kann alles dabei sein.

Problematisch ist bei sozialen Medien auch der Grad an Fremdsteuerung, den wir erfahren. Zwar füttern wir die Algorithmen mit Informationen, sodass sie entsprechende Inhalte für uns auswählen. Aber grundsätzlich hat die Plattform mehr Macht über mich als ich über die Plattform. Das liegt in der Natur der Plattformen, die uns Nutzende als Produkt betrachten und weniger als mündige Bürger*innen. Da aber ein Großteil der Nutzenden sich nicht bewusst ist, dass Plattformen und Suchmaschinen keine öffentliche Infrastruktur sind, sondern kommerziell betriebene Tech-Unternehmen mit einer ausgeprägten Gewinnorientierung und Machtstreben, mache ich mir für die Zukunft schon ein paar Sorgen – umso mehr, da mit Künstlicher Intelligenz (KI) weitere Herausforderungen auf uns zukommen.

Sie forschen unter anderem zur sogenannten „Medienmündigkeit“. 2023 gaben 32 Prozent der Befragten an, häufiger bewusst offline sein zu wollen; in der Generation Z waren es sogar 42 Prozent. Im Jahr darauf fühlten sich 24 Prozent unter Druck, ständig online sein zu müssen, ein Gefühl, das vor allem die Generation Z (39 Prozent) beschreibt. Wie definieren Sie Medienmündigkeit im digitalen Kontext, und spiegeln solche Empfindungen das Phänomen der Medienmüdigkeit wider?

Mit Medienmündigkeit meine ich tatsächlich eine Kombination aus Wissen über die Funktionsweise von (digitalen) Medien und öffentlicher Kommunikation sowie die Fähigkeit, dieses Wissen im Sinne der Selbstwirksamkeit anzuwenden. Und ja, wer aktiv beschießt, das Handy wegzulegen oder den Computer auszuschalten und sich anderen Dingen zuzuwenden, handelt medienmündig. Es geht ja genau um den bewussten Umgang mit Medien – analogen wie digitalen – und um das Hinterfragen des eigenen Medienhandelns. Muss ich wirklich jede Chatnachricht sofort beantworten oder denke ich vielleicht erst darüber nach? Will ich diesen Post teilen, obwohl ich gar nicht wirklich weiß, um was es geht? Verstehe ich, warum mir etwas in meinen Feed gespült wird und wie ich mich vor Dingen schützen kann, die ich nicht sehen will? Lasse ich mich gerade berieseln oder suche ich nach einer bestimmten Information?

Vereinfacht gesprochen basiert Medienmündigkeit auf den fünf Kernfragen der Media & Information Literacy – ich mag den Begriff Kompetenz nicht so gerne und spreche in diesem Kontext daher lieber im Sinne von Literacy von Wissen und Fähigkeiten, also Kennen und Können. Medienmündigkeit bezieht sich nicht nur auf das Rezipieren, sondern auch auf das Partizipieren. Man benötigt also auch die Fähigkeit, sich reflektiert in (digitalen) Diskursen einzubringen sowie ein demokratisches Bewusstsein, zu dem unter anderem das Wissen um die Relevanz der Meinungsfreiheit und unabhängiger Medien gehört.

Allerdings bin ich mittlerweile weit davon entfernt, zu sagen, dass man seine Nachrichten nur aus etablierten Medien beziehen sollte. Medienmündigkeit meint eben auch, einen Journalismus einzufordern, der nicht einfach nur PR oder politische Kommunikation wiederkaut und sich somit instrumentalisieren lässt, sondern den Bürger*innen dient und ihnen tatsächlich hilft, täglich informierte Entscheidungen zu treffen.

Der Einfluss des Internets und insbesondere sozialer Medien auf die Demokratie wird oft als überwiegend negativ bewertet. In Deutschland betrachtet jede*r Vierte (23 Prozent) die Digitalisierung als potenzielle Gefahr für die Demokratie. Gleichzeitig sieht gerade die jüngere Generation im Internet eine Chance für mehr gesellschaftliches Engagement (Gesamt: 37 Prozent, Gen Z: 56 Prozent). Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung Ihrer Meinung nach auf die politische Teilhabe? Überwiegen die Chancen oder die Risiken für die Demokratie?

Abbildung: Gesellschaftliche Relevanz der Digitalisierung:
37% der Bevölkerung sagen, dass sie sich durch das Internet leichter gesellschaftlich einbringen können. Das sind 3 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.
23% der Bevölkerung finden, dass die Digitalisierung eine Gefahr für die Demokratie darstellt.
Auf Basis der Bevölkerung ab 14 Jahren mit 7.237 Befragten. Die Top2-Antworten "Stimme voll und ganz zu" und "Stimme eher zu" wurden zusammengefasst.

Die Digitalisierung und die mit ihr einhergehende „partizipative Kultur“, um Henry Jenkins zu zitieren, bietet in der Tat zahlreiche Chancen für politische Teilhabe in der Demokratie. So entstehen auch alternative Medien, die jenseits des Mainstreams berichten, Nischenthemen und marginalisierte Gruppen sichtbar machen und neue Formate ausprobieren. Viele, vor allem jungen, Menschen, die sich mit für sie zentralen Fragen wie Geschlechteridentität, Klimawandel und sozialer Gerechtigkeit beschäftigen, suchen online nach Informationen und Möglichkeiten, sich zusammenzutun. Sie treten vielleicht nicht unbedingt politischen Parteien bei, aber sie engagieren sich online. Dieser Aktivismus kann auch in die reale Welt wirken und Auswirkungen auf gesellschaftliche Teilhabe haben. Das Internet ist ja kein abgeschlossener Raum, der nichts mit der Realität zu tun hat. Wir leben längst in einer digitalen Demokratie, die „alte“ Institutionen wie Zeitungen und Parteien hinterfragt und im besten Fall mit neuen Institutionen ersetzt, die stärker partizipativ ausgelegt sind.

Dennoch darf man sich nicht der Illusion hingeben, dass tatsächlich alle (jungen) Menschen in der digitalen Öffentlichkeit partizipieren. Zum einen haben nicht alle immer oder in gleichem Maße Zugang zum Internet und auch nicht das Wissen und die Fähigkeiten, sich online politisch zu engagieren. Es gibt global betrachtet noch immer einen Digital Gap, der vor allem Frauen und Mädchen betrifft. Zum anderen führt die tägliche Informationsflut, insbesondere der tägliche Negativismus, zu Gefühlen der Überwältigung und zu Desinteresse. Menschen wenden sich entsprechend von Nachrichten und politischen Themen ab, insbesondere von traditionellen Medien wie Tageszeitungen und deren Online-Angeboten, die wiederum wirtschaftlich unter Druck geraten. Diese Nachrichtenmüdigkeit oder Nachrichtenvermeidung führt oft dazu, dass Menschen nicht gut informiert sind.

Entsprechend darf man auch Diskurse, die online stattfinden, nicht als repräsentativ für die gesamte Gesellschaft ansehen. Wir wissen aus Studien, dass etwa in Bezug auf politische Themen und Nachrichten in sozialen Medien eher Menschen auf Posts kommentieren und Beiträge teilen, die nach eigener Aussage wenig Vertrauen in Institutionen wie Parlament, Regierung und Medien haben. Ginge man jetzt davon aus, dass ihre Aussagen stellvertretend seien für die Gesamtgesellschaft, wäre man auf dem Holzweg.

Interessant sind aber die konnektiven Möglichkeiten digitaler Plattformen. Man findet Gleichgesinnte und kann sich, wie schon gesagt, Gruppen virtuell anschließen oder sich über räumliche und zeitliche Grenzen hinaus organisieren. Fridays for Future ist ein gutes Beispiel für diese Art des konnektiven Handelns. Der Soziologe Manuel Castells spricht nicht umsonst von einer Netzwerkgesellschaft, in der sich Menschen um Themen und Identitäten herum organisieren.

Informationen bewegen sich entsprechend in der digitalen Öffentlichkeit anders als im analogen Massenmedienzeitalter. Jetzt gilt im Sinne der Netzwerklogik: „the power of flows over the flows of power”. Mit anderen Worten: Nur weil eine Information von einer Instanz der Macht – einer Regierung oder einem Unternehmen – stammt, heißt es nicht, dass sie sich in der Informationsflut durchsetzt. Vielmehr gilt jetzt: Die Information, die sich für die Nutzenden als die relevanteste herausstellt und somit am meisten geteilt wird – Stichwort Viralität –, setzt sich durch. Hier spielt neben inhaltlicher Relevanz auch Emotionalität oder Affektivität eine Rolle. Dieser „power of flows“ ermöglicht die Entstehung und Vernetzung von sozialen Bewegungen, die nicht zwingend hierarchisch organisiert sind.  

Allerdings können auf diese Weise auch politische Netzwerke entstehen, die nicht auf dem Boden der Demokratie stehen. Man denke hier etwa an die Identitäre Bewegung oder das Netz von Influencerinnen, die bei Instagram und TikTok ein traditionelles Frauenbild mit Lifestyletipps verbinden und dabei ganz nebenbei faschistisches Gedankengut verbreiten. Das darf man dann durchaus als Risiko für die Demokratie betrachten.

Ich denke aber, dass die größte Gefahr von Mis- und Desinformationen ausgeht. Sie verbreiten sich leicht, weil Menschen gerne Dinge glauben, die in ihr Weltbild passen oder ihre Ängste befeuern. Das nennt man Bestätigungsfehler oder Confirmation Bias. Wenn jemand z. B. ohnehin denkt, dass asiatisch aussehende Menschen nicht in Deutschland leben sollten, dann hat die Person vielleicht auch kein Problem damit, zu glauben, dass jemand mit einem vietnamesischen oder koreanischen Hintergrund Katzen zum Frühstück isst. Entsprechende Posts in sozialen Medien sind dazu gedacht, Verunsicherung und Angst zu streuen. Wenn man sich in einer Gesellschaft aber gegenseitig nicht vertraut, gibt es kaum eine Basis für das Zusammenleben – und das bedroht dann am Ende auch die Demokratie. Aktuell würde ich also sagen, dass die Risiken für die Demokratie überwiegen. Aber das muss nicht so bleiben.

Die Präsenz von Parteien in sozialen Medien beeinflusst das Wahlverhalten nur für einen Teil der Bevölkerung (17 Prozent), ist aber für etwa 30 Prozent der Gen Z entscheidend. Gleichzeitig informieren sich ältere Generationen überwiegend über klassische Medien, während sich 66 Prozent der Gen Z entweder mindestens genauso häufig oder sogar ausschließlich über soziale Medien informieren. Welche Herausforderungen bringt diese Veränderung für Politik und Journalismus mit sich?

Wo fange ich an? Zuerst sollten wir vielleicht festhalten, dass demnach 70 Prozent der Gen Z ihre Wahlentscheidung nicht allein von den Inhalten abhängig machen, die sie in sozialen Medien wahrnehmen. Und es gibt nicht „die“ Gen Z, ebenso wenig wie „die“ Gen X. Was wir hier außer Acht lassen, sind alle Faktoren jenseits des Alters. Das ist in der Betrachtung etwas unterkomplex. Nur um ein Beispiel zu nennen: Wir wissen aus der Studie „Quelle: Internet“, dass junge Menschen mit geringer formaler Bildung besonders informations- und medieninkompetent sind. Junge Menschen mit hoher formaler Bildung hingegen gehören zu den kompetentesten Bevölkerungsgruppen. Es ist also nicht allein eine Frage des Alters. Außerdem ist die Nutzung sozialer Medien nicht unbedingt gleichbedeutend mit der Vermeidung von etablierten Medien und politischen Parteien. Es kommt sehr darauf an, warum man sich auf welchen sozialen Medien bewegt. Zur Unterhaltung, um sich zu informieren, eine Kombination? Und es kommt darauf an, welchen Accounts man folgt bzw. mit welchen Inhalten man sich auseinandersetzt und mit welcher Intention.

Abbildung: Information zu politischen Themen nach Soziodemografie:

11% der Bevölkerung informieren sich ausschließlich oder fast ausschließlich über soziale Medien zu politischen Themen, zum Beispiel Facebook, Instagram, TikTok.
Nach Generationen: 
In der Generation Z+ informieren sich 29% ausschließlich oder fast ausschließlich über soziale Medien zu politischen Themen. In der Generation Y sind es 13%, in der Generation X 6%, bei den Babyboomer*innen 4%, in der Nachkriegsgeneration 2% und in der Generation bis 1945 0%.
Nach Bildung: 
26% der Schüler*innen informieren sich ausschließlich oder fast ausschließlich über soziale Medien zu politischen Themen. Bei den Menschen mit niedriger Bildung sind es 8%, bei denen mit mittlerer Bildung 9% und bei denen mit hoher Bildung 13%.

36% der Bevölkerung informieren sich ausschließlich oder fast ausschließlich über klassische Medien zu politischen Themen, zum Beispiel Fernsehen, Radio, Zeitschriften.
Nach Generationen: 
In der Generation Z+ informieren sich 15% ausschließlich oder fast ausschließlich über klassische Medien zu politischen Themen. In der Generation Y sind es 26%, in der Generation X 45%, bei den Babyboomer*innen 53%, in der Nachkriegsgeneration 50% und in der Generation bis 1945 23%.
Nach Bildung: 
14% der Schüler*innen informieren sich ausschließlich oder fast ausschließlich über klassische Medien zu politischen Themen. Bei den Menschen mit niedriger Bildung sind es 32%, bei denen mit mittlerer Bildung 40% und bei denen mit hoher Bildung 38%.

11% der Bevölkerung informieren sich generell nicht zu politischen Themen.
Nach Generationen: 
In der Generation Z+ informieren sich 16% generell nicht zu politischen Themen.. In der Generation Y sind es 14%, in der Generation X 10%, bei den Babyboomer*innen 8%, in der Nachkriegsgeneration 5% und in der Generation bis 1945 2%.
Nach Bildung: 
26% der Schüler*innen informieren sich generell nicht zu politischen Themen.. Bei den Menschen mit niedriger Bildung sind es 13%, bei denen mit mittlerer Bildung 10% und bei denen mit hoher Bildung 7%. 
Auf der Basis der Bevölkerung ab 14 Jahren mit 7.237 Befragten.

Ja, natürlich ist die Berichterstattung auf Instagram oder TikTok nicht so ausführlich und kontextualisiert wie in Nachrichten-Apps oder in der Lokalzeitung. Aber man kann sich durchaus gut über soziale Medien informieren, wenn man will. Neben etablierten Nachrichtenmedien gibt es auch alternative Medien und News-Influencer*innen, die dem Pressekodex folgen, handwerklich solide arbeiten und Themen ansprechen, die für ihr Publikum relevant sind. Das kann ein Podcast sein, ein Youtube-Format oder ein WhatsApp-Kanal. Mein Sohn, der 13 Jahre alt ist, folgt z. B. den Kanälen der Sportschau und der New York Times auf WhatApp. Aber er folgt natürlich auf sozialen Medien in erster Linie Accounts, die seinen Interessen und Hobbies entsprechen und eher unterhaltsam als journalistisch sind. Ganz nebenbei nimmt er dabei auch Inhalte auf, die man als politisch bezeichnen kann oder die zumindest gesellschaftliche Relevanz haben, weil sie sein Weltbild und sein Wertegerüst formen.

Genau das wissen politische Akteur*innen auch. Bevor man jemanden davon überzeugen kann, einen bestimmten Kandidaten zu wählen oder einer bestimmten Politikerin zu folgen, braucht es eine Art Nährboden, auf dem Themen platziert werden und auf eine bestimmte Art interpretiert werden. Ob  sogenannte Trad-Wives, die das Leben als Hausfrau glorifizieren, oder Coaches, die Teenagern erklären, wie sie besser für der Schule lernen – sie alle vermitteln Werte, die das Weltbild ihres „Publikums“ prägen. Hier können politische Meinungsmacher*innen und Akteur*innen anknüpfen. Das war gewissermaßen schon immer so, auch vor dem Zeitalter der digitalen Öffentlichkeit.

Was heute anders ist, sind die Kommunikationswege. Und das ist für alle eine Herausforderung. Politik und Journalismus wollen ihre Wähler*innenschaft und ihr (zahlendes) Publikum erreichen. Bürger*innen wollen Informationen, denen sie vertrauen und die ihnen helfen, Entscheidungen zu treffen – egal in welchem Bereich, ob beim Einkaufen oder beim Wählen. Das Problem mit sozialen Medien ist, dass – überspitzt gesagt – alles gleich aussieht. Wenn man nicht genau hinschaut, kann man kaum unterscheiden, wer was postet – im Gegensatz zur gedruckten Zeitung, in der ich immer am Ressort erkennen kann, wo ich bin, fehlt mir online eine solche Orientierung. So kann man sehr schnell einen Instagram-Post von Tagesscheiss für einen Post der Tagesschau halten. Obendrein merken wir uns in der Regel nur schlecht, von welchem Account wir eine Information erhalten. Wir merken uns eher, ob es auf Instagram oder X war.

In sozialen Medien konkurrieren ernsthafte Inhalte wie Nachrichten oder Wahlprogramme mit persönlichen Posts, Werbung, Satire, Memes und Unterhaltung. Es gilt, die Aufmerksamkeit der NNutzer*innen zu erregen, damit sie nicht einfach weiterscrollen, sondern innehalten und meinen Content konsumieren. Und wie macht man das am besten? Um Georg Franck zu paraphrasieren: wie im Bierzelt. Wer am lauteste schreit, wird am ehesten gehört. Politische Akteur*innen und Nachrichtenmedien machen mit und werden so zum Teil des Problems. Studien zeigen, dass diese Aufmerksamkeitserregung sogar in die Tagesschau-Sendungen überschwappt, in denen der Anteil neutraler Nachrichtenmeldungen zugunsten von unterhaltsamen oder skandalisierten Geschichten und Meinungen zurückgeht. Neil Postman hat schon Mitte der 1980er Jahre davor gewarnt, dass wir ernsthafte Angelegenheiten nicht mehr als solche wahrnehmen können, wenn wir alles nur noch als große Show erleben. Das hat er zwar damals auf das Fernsehen bezogen, aber in sozialen Medien hat sich dieser Effekt noch verstärkt.

Wer soziale Medien nutzt, kennt das Gefühl, etwas zu verpassen. Immer wieder greift man zum Handy, um nachzuschauen, ob es etwas Neues gibt. Diese „Fear of missing out“ (FOMO) gilt umgekehrt auch für Influencer*innen, Politiker*innen oder Journalist*innen, die Angst haben, dass sie nicht wahrgenommen werden und sie ihre Zielgruppe nicht erreichen. Das lässt sie also bei dem Lärm mitmachen, der auf Instagram, TikTok, X etc. stattfindet. Dabei ignorieren sie, dass am Ende nicht sie, sondern die Plattform von ihren Posts profitiert. Spätestens seit der Doku „The Social Dilemma“ wissen wir, dass soziale Medien und andere digitale Intermediäre keine öffentliche Infrastruktur sind wie der Bürgersteig vor unserer Haustür, sondern kommerzielle Plattformen, die Geld verdienen wollen. Und wir Nutzer*innen sind das Produkt.

Obendrein kennen wir als Nutzer*innen die Logik der jeweiligen Algorithmen nicht, die steuern, wer wann was sieht. Zwar füttern wir sie ständig mit unseren digitalen Bewegungen, aber wirklich beeinflussen können wir sie nicht. Die Kontrolle liegt bei den Plattformen allein. Was wir entscheiden können, ist, wo wir mitmachen. Das ist am Ende auch eine ethische Entscheidung. Lasse ich mich auf X und die Willkür von Elon Musk ein oder nicht? Bin ich ok damit, dass Meta bei WhatsApp alle meine Daten bis auf die Inhalte meiner Chats sammelt? Das sind Fragen, die sich politische Akteur*innen ebenso stellen müssen wie Nachrichtenredaktionen und natürlich Bürger*innen.

Ein zentrales Thema ist die Gefahr durch Desinformation. 2023 hatten 6 von 10 Bürger*innen nach eigener Angabe bereits Erfahrungen mit Desinformation gemacht, wobei es vermutlich noch mehr sind, aber nicht alle diese auch erkannt haben; nur 57 Prozent fühlen sich sicher darin, unseriöse Nachrichten zu identifizieren. Welche Maßnahmen sind erforderlich, um Demokratien gegen digitale Desinformation zu stärken? Und welche Verantwortung tragen Plattformbetreiber*innen dabei?

Abbildung: Desinformation wird mit Nachrichtenkompetenz bekämpft.
2022 konnten 50% der Bevölkerung die Richtigkeit von Informationen und ihren Quellen im Internet prüfen. 2023 und 2024 waren es 51%.
2022 konnten 60% der Bevölkerung seriöse von unseriösen Nachrichten unterscheiden. 2023 waren es 58%, 2024 57%. 
Auf Basis der Bevölkerung ab 14 Jahren mit 7.237 Befragten für das Jahr 2024.

Die naheliegende Antwort könnte lauten: Medien- und Informationskompetenzbildung als integraler Bestandteil von Demokratiebildung ab der ersten Klasse. Aber das greift zu kurz.

Viel wichtiger als ein Schulcurriculum und Workshops für Erwachsene ist Vertrauensbildung in der Gesellschaft. Desinformation kann auf fruchtbaren Boden fallen, weil wir als Gesellschaft kein Gefühl des Zusammenhalts haben. Es mangelt an gegenseitigem Respekt und Vertrauen. Verschiedene Gruppen können manipuliert und gegeneinander ausgespielt werden. Jeder glaubt, im Recht zu sein oder sich durch andere bedroht zu fühlen. Wir haben verlernt, miteinander zu sprechen und sachlich zu debattieren. Das sieht man besonders deutlich in sozialen Medien. Themen werden hier emotional aufgeladen und durch etablierte Medien, die die dabei entstehenden moralischen Übertritte berichtenswert finden, unnötig amplifiziert. Was ist der Aufreger des Tages? Wer hat wen beleidigt? Was verursacht die nächste Schnappatmung?

Ich nehme hier also auch Journalist*innen in die Pflicht. Zwar gilt natürlich, dass man in der Nachrichtenberichterstattung möglichst genau und neutral berichten soll, aber das heißt nicht, dass man einfach wiedergibt, was ein Politiker gesagt hat oder was die Pressesprecherin eines Konzerns verlauten lässt. Es gilt einzuordnen. Was bedeutet das Gesagte für mein Publikum? Welche anderen Perspektiven gibt es dazu? Hat jemand vielleicht eine Lösung für das beschriebene Problem? Dabei geht es nicht darum, Meinungen über Nachrichten zu produzieren, sondern Informationen konstruktiv aufzubereiten, damit Menschen den Sachverhalt verstehen und sich dazu eine Meinung bilden können.

Elmar Theveßen hat vor ein paar Jahren sieben Regeln für guten Journalismus aufgestellt. Dazu gehört, dass Journalist*innen sich besser auf Ereignisse vorbereiten und die Punkte im Universum verbinden. Ich leite daraus ab, dass es gilt, komplexe Sachverhalte in ihrer Komplexität verständlich darzustellen. Das braucht Fachwissen und Zeit für die Recherche – Dinge, die heute im schnelllebigen Online-Journalismus abhandengekommen sind. Statt Sorgfalt gilt heute Geschwindigkeit. Dabei blasen Journalist*innen dann ins gleiche Horn wie Augenzeug*innen, Politiker*innen und die PR-Maschinerie – und zwar zeitgleich oder sogar verzögert, weil nicht immer und überall Reporter*innen lauern.

Am Ende muss man sich fragen, welche Rolle der Nachrichtenjournalismus in der digitalen Öffentlichkeit spielt. Die Antwort wird erschwert durch die Tatsache, dass immer mehr Menschen etablierten Medien den Rücken kehren – inhaltlich und finanziell. Diese Nachrichtenmüdigkeit zeigt uns, dass sich das alte Geschäftsmodell von Tageszeitungen und Rundfunkmedien überholt hat. Es braucht andere Ansätze. Wie gesagt, es gibt alternative Medien und News-Influencer*innen, die die Lücke füllen, manche sogar recht gut – aber längst nicht alle.

Um also auf die Frage zurückzukommen: Damit Demokratien gegen Desinformation resilienter werden können, brauchen wir eine Art Impfung – und die hat weniger mit digitaler Kommunikation tun als mit der Frage, wie wir als Gesellschaft zusammenleben wollen. Ich möchte an dieser Stelle eine Idee teilen, die kürzlich eine Teilnehmerin in einem meiner Workshops geäußert hat. In Anlehnung an Erfahrungen, die zu Zeiten der Wehrpflicht von jungen Männern gemacht wurden oder die man heute vielleicht in einem FSJ macht, hat sie eine Art Zivildienst für alle vorgeschlagen. Wenn jede*r ein Jahr lang der Gemeinschaft dient, unabhängig von Herkunft, Bildungsstand, Religion, Hautfarbe etc., dann entstehen Berührungspunkte mit Menschen und Lebensbereichen außerhalb der eigenen „Blase“. Das könnte dazu führen, dass Vorurteile und Ängste abgebaut werden, während man gleichzeitig Selbstwirksamkeit erfährt und Verantwortung übernimmt. Menschen lernen sich unweigerlich kennen und sie lernen, sich gegenseitig zu schätzen. Desinformation hat es dann nicht mehr so leicht, sie zu verunsichern oder gegeneinander auszuspielen. Ich finde die Idee charmant.

Was die Verantwortung der Plattformen betrifft, müssten sie ihre Algorithmen transparent machen. Aber mir ist klar, dass sie daran kein Interesse haben. Denn ihr Interesse gilt der Gewinnmaximierung, nicht dem öffentlichen Diskurs oder gar dem Schutz der Demokratie. Gleichzeitig zwingt niemand die Plattformen, Geschäfte mit Autokrat*innen zu machen, die Wahlen beeinflussen möchten. Was es also braucht, sind Wirtschaftsethik und gesellschaftliche Verantwortung – und ein gemeinsames Verständnis von Meinungsfreiheit. In den USA oder China bedeutet das durchaus etwas anderes als in Deutschland. Im Internet Governance Forum der Vereinten Nationen wird seit Jahren um genau diese Dinge gerungen.

Die EU versucht mit Gesetzen wie dem Digital Services Act, Plattformen zu regulieren. Aber es ist eine Herkulesaufgabe. Solange Gier und Machtstreben überwiegen, sehe ich kaum Chancen, diese global agierenden Tech-Konzerne einfangen. Meta, X und TikTok sind nun mal keine Medienunternehmen im klassischen Sinn, die eigene Inhalte produzieren und dabei dem Pressekodex folgen. Es gibt einen Grund, weshalb sie sich als Plattformen und nicht als Medien bezeichnen – auch wenn sie so versuchen, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Als Privatunternehmen haben sie sogenannte Community Guidelines, deren Inhalte und Einhaltung sie selbst bestimmen. Das ist ihr gutes Recht. Welche Folge das aber haben kann, sehen wir aktuell sehr deutlich an X. Manche argumentieren, dass hier alles gepostet werden kann, was anderswo „zensiert“ wird. Gleichzeitig belegen verschiedene Studien, dass hier die Zahl an Desinformation und Verschwörungserzählungen kontinuierlich zunimmt.

Medien- und Informationskompetenz gilt als Schutz gegen Desinformation und gezielte Manipulation. Während 81 Prozent der Befragten glauben, im Internet relevante Informationen finden zu können, trauen sich nur 51 Prozent zu, deren Vertrauenswürdigkeit richtig zu bewerten. Zudem nehmen 47 Prozent an, dass Suchmaschinen nur vertrauenswürdige Quellen anzeigen. Welche Rolle spielt die Medienbildung beim Aufbau einer informierten Gesellschaft? Wie könnte diese verbessert werden, und wer trägt hier besondere Verantwortung?

Abbildung: Informationskompetenzen 
81% der Bevölkerung können Informationen im Internet finden. 57% können unseriöse Nachrichten erkennen und 51% können die Richtigkeit von Informationen und Quellen prüfen.
Auf Basis der Bevölkerung ab 14 Jahren mit 7.237 Befragten. Die Top2-Antworten "Trifft voll und ganz zu" und "Trifft eher zu" wurden zusammengefasst.

Medienbildung im Sinne von „mit und über analoge und digitale Medien lernen“ sollte ein zentraler Teil von vorschulischer und schulischer Bildung sein. Wenn wir davon ausgehen, dass das Ziel von Schule die Entwicklung von mündigen Bürger*innen ist, dann gehören sogenannte 21st Century Skills ganz selbstverständlich dazu. Das gelingt meiner Meinung nach am besten, wenn man phänomenbasiert lehrt, Kinder und Jugendliche bei der Suche nach Antworten auf Fragen coacht und ihnen hilft, kritisch und lösungsorientiert zu denken. Gleichzeitig sollten sie lernen, wie sie in zunehmend öffentlichen Rollen Verantwortung übernehmen können. All das macht nur Sinn, wenn sie einen ethischen Kompass haben, der auf demokratischen Grundwerten basiert.

Um sich in der digitalen Öffentlichkeit zurechtzufinden, braucht es Wissen und Fähigkeiten: funktional, informatisch, inhaltlich, systemisch und psychologisch. Wir haben diese Kompetenzen oder Literacies für die Studie „Quelle: Internet“ in fünf Skillsets aufgeteilt, denen wir verschiedene Personas zugeordnet haben: die Kommunikationswissenschaftlerin, die digitale Navigatorin, der Fakt-Checker, die Journalistin und der Debateur. Ohne das Mindset des Citoyens ist all das aber nicht relevant.

Insofern muss man Medienbildung einerseits als Querschnittsaufgabe begreifen, die als Methode in allen Schulfächern vorkommt – und zwar nicht on top, sondern stattdessen. Andererseits braucht es auch eine fachliche Verankerung in der Stundentafel, sodass Grundfertigkeiten vermittelt werden, die dann in anderen Fächern eingesetzt werden können. Am Ende gilt es, inter- und transdisziplinär zu denken und sich an der Welt der Kinder und Jugendlichen zu orientieren, um relevant zu sein und sie im Prozess zu unterstützen, mündige Bürger*innen zu werden.

Hierfür sind Lehrkräfte, Erzieher*innen und Bildungspolitiker*innen gefragt, die selbst medienmündig werden, nationale Standards etablieren, Medienbildung in der Lehrkräfteausbildung verankern und die Entwicklung schuleigener Curricula ermöglichen. Letzteres probiere ich aktuell in einem Pilotprojekt mit einer Schule in Baden-Württemberg aus. Wir entwickeln anhand des Rahmenlehrplans mit den Lehrkräften ein Kerncurriculum von der Klasse 5 bis zum Abitur, das zu dieser Schule passt.

Aber Medienbildung beginnt ja in Wahrheit schon viel früher, wenn ein Kleinkind zum ersten Mal ein Buch in die Hand nimmt oder jemand ihm vorliest. Insofern ist Medienbildung zum einen eine lebenslange Aufgabe und zum anderen eine gesamtgesellschaftliche. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der einen Bildungsauftrag hat, kann hier eine wesentliche Rolle spielen.

Wir sind der Ansicht, dass es gerade in einer Zeit, die von Unsicherheit und Krisen geprägt ist, wieder wünschenswerte Zukunftsbilder mit positiven Erzählungen und Zielvorstellungen braucht. Daher zum Abschluss: Welches wünschenswerte Zukunftsbild der Digitalen Gesellschaft haben Sie?

In meiner Utopie dient die Digitalisierung der Menschheit, nicht umgekehrt. Sie ist ein Tool, um demokratische Teilhabe zu stärken, herrschaftsfreie Diskurse zu ermöglichen und Habermas‘ Ideal zu verwirklichen, dass in der Tat das bessere Argument gewinnt. Die Digitalität ermöglicht Bildungsgerechtigkeit und allen Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu Wissen. Digitale Technologie und insbesondere verschieden Formen von KI helfen uns, zu forschen, nachhaltig zu wirtschaften und den Planten für alle Lebewesen lebenswert zu halten. Es gibt ein öffentlich-rechtliches Internet, das nicht kommerziell ausgerichtet ist, sondern gemeinwohlorientiert. Statt einer Cyberkannibalisierung, bei der sich die digitale Öffentlichkeit in Gruppen und Plattformen spaltet, die nicht mehr miteinander sprechen oder interagieren, schafft das Internet das, was die digitalen Optimist*innen einst erhofft haben: Partizipation, Austausch und Vernetzung. Grenzen und Nationalitäten werden überwunden, genauso wie der Kapitalismus. Solidarität und Chancengleichheit werden gestärkt. Menschen besinnen sich auf das, was sie menschlich macht: Kreativität und Konnektivität.

Gibt es sonst noch etwas, das Sie uns mitgeben möchten, Ergebnisse, die Sie überrascht haben oder Fragen, die Sie gern beantwortet hätten?

Die Ergebnisse der Studie überraschen mich nicht so sehr. Andere Studien zeigen ähnliche Entwicklungen auf. Was mir am Herzen liegt, betrifft die Nachrichtenvermeidung junger Menschen. Sie macht mir einerseits Sorge, andererseits verstehe ich sie gut. Ich sehe, dass sie sich überwältigt fühlen von der Flut an Informationen und Lärm. Ich verstehe auch, dass viele Themen, die in traditionellen Nachrichtenmedien behandelt werden, für sie nicht relevant sind und für sie somit der Eindruck entsteht, wir bräuchten keinen unabhängigen Journalismus. In klassischen Medien klafft eine Lücke zwischen dem Informationsbedarf junger Menschen und dem Informationsangebot. Für Kinder bis ca. 12 Jahren haben wir Angebote wie ZDF logo! oder Geolino. Das ist prima – aber dann kommt lange nix. Teenager*innen sind eine Teilöffentlichkeit, die von traditionellen Medien vergessen werden. Ich fände es spannend, mit Jugendlichen Nachrichtenformate zu entwickeln und dabei zu entdecken, was sie für relevant halten und wie Nachrichten für sie aufbereitet sein sollten, damit sie sie nutzen. Wenn wir in manchen Bundesländern bei Kommunal- und Landtagswahlen das Wahlalter auf 16 Jahre herabsenken, diese Wähler*innen aber nicht mit Informationen für ihre politische Meinungsbildung versorgen, brauchen wir uns nicht wundern, dass Parteien wie die AfD oder Influencer*innen mit fragwürdigen Vorstellungen in diese Lücke stoßen.

Zusätzlich möchte ich eine Lanze brechen für die Transformationsforschung. Ich komme selbst aus der Ecke und wünsche mir, dass die Erkenntnisse, die wir in verschiedenen Disziplinen zu Transformationsprozessen haben, genutzt werden, um die Digitalisierung als Chance und Treiber für Innovationen zu betrachten. Ich denke da vor allem an das Bildungssystem und den Journalismus. Aber auch in anderen Bereichen müssen wir in Deutschland endlich an die Menschen anknüpfen, die einst der Marke „Made in Germany“ Bedeutung gegeben haben – seien es Robert Bosch, Werner von Siemens oder Bertha Benz. Sie alle haben Mut und Innovationskraft bewiesen. Wo ist sie hin? Deutschland ist ein Land der Bedenkenträger*innen, Zauderer*innen und Bürokrat*innen geworden, das sich selbst im Weg steht. Ich wünsche mir, dass wir das abstellen und in Innovation und Transformation investieren – von der Infrastruktur bis zum Gesundheitswessen. Zum anderen hoffe ich darauf, dass die junge Generation sich befreien kann von der Enge des aktuellen Bildungssystems und den Ängsten, die sie durch soziale Medien entwickeln. Mögen sie risikobereit, selbstwirksam, kreativ, kollaborativ und lösungsorientiert handeln – mithilfe digitaler Tools.

Das Interview führte

Porträt von Sandy Jahn

Sandy Jahn, Referentin Strategic Insights & Analytics (sie/ihr)