Datenstrategie der Bundesregierung: D21-Geschäftsführerin Müller als Expertin angehört

Der Chef des Bundeskanzleramts Helge Braun und Staatsministerin Dorothee Bär luden Expert*innen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft/Verbänden, Wirtschaft und Governance zu einer Anhörung ins Kanzleramt, um über eine Datenstrategie zu beraten.

Berlin, 23. Januar 2020. Der Chef des Bundeskanzleramts Helge Braun und Staatsministerin Dorothee Bär luden ExpertInnen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft/Verbänden, Wirtschaft und Governance zu einer Anhörung ins Kanzleramt, um über eine Datenstrategie zu beraten. Die Erarbeitung einer solchen Strategie für die Bundesregierung sei gewissermaßen auch eine für ganz Deutschland, so Braun in seiner Eröffnung. Die zentrale Frage war, wie Deutschland auf nationaler bzw. europäischer Ebene und im internationalen Zusammenspiel Daten verantwortungsvoll und innovativ nutzen sollte.

D21-Geschäftsführerin Lena-Sophie Müller bei der Expert*innen-Anhörung zur Datenstrategie im Bundeskanzleramt.

Blick auf die Digitale Gesellschaft

Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin der Initiative D21, vertrat die Perspektive der Digitalen Gesellschaft:
Zunächst ging sie auf die staatliche Rolle ein, denn „die Datenstrategie muss auch eine Strategie für den Staat sein“. Müller sah zwei wichtige Handlungsfelder: Den Datenzugang des Staates und die strategische Datennutzung durch den Staat in Richtung eines „datadriven Government“. Sie plädierte dafür, die Daten-Silos des Staates zu „demokratisieren“ und diese Daten nicht nur in maschinenlesbarer Form zugänglich zu machen, sondern auch selbst stärker für die eigene Steuerung und Planung zu nutzen. So ergäbe sich ein Ökosystem, in dem der Staat auch selbst als kluger Nutzer von Daten auftritt, um eine bessere, vorausschauendere Politik für die digitale Gesellschaft zu gestalten. Wichtig hierbei sei auch die Frage, wie der Staat Zugang zu gesellschaftlich relevanten Daten erhalten könne, die er nicht selbst erhebt. Müller plädierte für ein Datennutzungsrecht auf staatlicher Seite, z.B. bei Beschaffungs- und Auftragsverfahren.

Mit Blick auf die Gesellschaft brachte die D21-Geschäftsführerin an, dass Daten zu oft als „Ressource“ verstanden würden – man solle aber die Wirkungen stärker in den Blick nehmen. So könne der Mensch massiv von datenbasierten Erkenntnissen profitieren, etwa im Gesundheitswesen. Gleichzeitig brächten diese Daten aber auch ein Risiko und damit große Verantwortung mit sich. Als „kognitive Faulpelze“ neigen wir dazu, so Müller, datengestützte Entscheidungen weniger zu hinterfragen, weil sie objektiv und logisch erscheinen. Dieser „data bias“ könne aber großen Schaden anrichten, da solche Entscheidungen häufig ganze Gruppen betreffen. Deswegen sei es so wichtig, dass wir Bürger*innen sensibilisieren und die notwendigen Kompetenzen vermitteln. Dafür brachte Müller die Idee einer „Zentrale für digitale Bildung“ ins Gespräch, analog der etablierten „Bundeszentrale für politische Bildung“. Deutschland könne auch Finnlands Beispiel folgen und seine anstehende Ratspräsidentschaft dazu nutzen, mit messbaren Zielen den Ausbau digitaler Kompetenz voranzubringen.

Hinweis: Die Anhörung kann in der Mediathek der Bundesregierung nachgeschaut werden.

Weitere Diskussionspunkte der Expert*innen-Runde (Auswahl):

  • Konsens herrschte bei der Notwendigkeit einer hochgradig leistungsfähigen und modernen Dateninfrastruktur, die als Grundlage für alle darauf aufbauenden Dienste notwendig sei.
  • Die Expert*innen diskutierten Vor- und Nachteile zentraler oder dezentraler Datenspeicherung und -nutzung.
  • Den Datenschutz nahmen die Expert*innen sehr ernst, man dürfe sich nicht vorrangig an anderen Ländern orientieren sondern müsse den eigenen Weg gehen – dies könne auch zum Wettbewerbsvorteil werden.
  • Von wissenschaftlicher Seite gab es den Wunsch zu stärkerer Interoperabilität, auf mehr Daten zugreifen zu können und diese auch verknüpfen zu dürfen.
  • Kultur des Vertrauens schaffen: Der Großteil der BürgerInnen sei misstrauisch eingestellt, man müsse daher vertrauensstärkende Maßnahmen einleiten.
  • Für dieses Vertrauen diskutierte die Runde einen „Daten-Treuhänder“, der diese verwalte und für die Einhaltung definierter Standards verantwortlich wäre – die konkrete Ausgestaltung eines Treuhänder-Konzeptes war jedoch strittig.
  • Welche Standards seien zur effektiven Datennutzung notwendig und welche Rolle müsse der Staat dabei einnehmen? Die ExpertInnen sahen den Staat vor allem in einer moderierenden Funktion.

Ausblick: Helge Braun schloss mit dem Hinweis, dass man noch am Anfang des Konsultationsprozesses stehe. Auf den Input der Befragung folgend gehe man nun in der Bundesregierung und den einzelnen Ministerien in die Vertiefung. Ebenfalls kündigte er eine Online-Konsultation an.