AG-Blog | Zahlen, die bewegen – Wie man mit Daten Politik macht
Durch Digitalisierung steigt die Datenflut. Doch wie können Daten für eine gute Politikgestaltung genutzt werden? Und wie werden datenbasierte Ansätze in der politischen Entscheidungsfindung und der politischen Kommunikation bereits verwendet? Wo besteht noch Verbesserungspotenzial? Diese und weitere Fragen diskutierte die AG Datendemokratie in ihrer Sitzung.
Berlin. Debatten über das Zusammenspiel zwischen Daten und Politik drehen sich häufig darum, wie man gute Politik für Daten macht und wie Daten verfügbar, genutzt oder ausgetauscht werden können. Weniger häufig hingegen wird diskutiert, wie überhaupt Daten in politischen Entscheidungen und politischer Kommunikation integriert werden können. Kurzum: Wie können wir mit Daten Politik machen? Genau zu dieser Frage begrüßten die AG-Leitungen Paul Böttcher, PD, und Lilian Dammann, Public Value Technologies, die Teilnehmenden der AG Datendemokratie in Berlin.
Emotionen, Daten und Kommunikation
Als inhaltlichen Einstieg in die Sitzung gab Raphael Brinkert, unter anderem Gründer der Lead-Agentur der Bundestagswahlkampagne von Olaf Scholz 2021 BrinkertLück, einen Überblick darüber, wie Daten für die politische Kommunikation verwendet werden können. Alle Menschen hätten eine emotionale Verbindung zu Daten. Diese Verbindung sei wichtig, um aus Daten Kommunikation abzuleiten. Doch wie kann man Daten nutzen, um zu emotionalisieren? Dafür müssten sie nicht nur genutzt, sondern auch hinterfragt und kreative Kniffe entdeckt werden, denn:
Ein gutes Beispiel dafür sei der datengetriebene politische Wahlkampf, in dem aus Ereignissen Daten würden, aus denen wiederum unterschiedliche Kommunikationsstrategien abgeleitet werden könnten. Um effektiv verschiedene Zielgruppen zu erreichen, sollten durch Kommunikation Emotionen geweckt werden. Emotionen würden dabei schwerer wiegen als Fakten. Dabei seien nur 2 der 7 menschlichen Basisemotionen positiv, merkte Brinkert kritisch an. Schlussendlich gelte es deswegen, bei datenbasierten Ansätzen der politischen Kommunikation und Entscheidungsfindung darauf zu achten, welche Emotionen mit ihnen hervorgerufen werden (können). Wie die dafür zugrundeliegenden Daten ausgewählt werden können und was sich an der politischen Kommunikation verändern sollte – darüber diskutierten die Teilnehmenden im Anschluss mit Brinkert.
Fit for Future: Datenbasierte politische Kommunikation
Diesen Diskussionsstrang nahm Ilyas Heckmann von DCPolitics auf. In seinem Input konzentrierte er sich darauf, wie mehr Fitness in die datengetriebene politische Kommunikation gebracht werden kann. Dazu gab er zunächst einige Beispiele dazu, wie Daten derzeit für gute Politik im öffentlichen Sektor genutzt werden. Für eine gute Datennutzung sei vor allem wichtig, zu klären, welche Datenkanäle, Dateninfrastrukturen und vor allem Datenkompetenzen in der Organisation vorhanden seien:
Datennutzung für gute Politik im öffentlichen Sektor scheitere somit oftmals an einem fehlenden Datenverständnis und unzureichenden Datenauswertungen. Außerdem werde zu selten geklärt, anhand welcher Daten sich zuvor definierte Ziele überprüfen ließen. Heckmann plädiere deswegen dafür, sich mit der eigenen Kommunikationsinfrastruktur auseinanderzusetzen, klare Kommunikationsziele zu formulieren und eine Datenanalyseinfrastruktur aufzusetzen. Auf dieser Basis sollten politische Kommunikationsstrategien fortlaufend angepasst werden. Gemeinsam mit den Gästen diskutierte Ilyas Heckmann anschließend über Herausforderungen der datengetriebenen politischen Kommunikation und wie Daten des öffentlichen Sektors für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht werden können.
PLAIN – ein Praxisbeispiel für datenbasierte Politik
Im dritten Input des Tages stellte Alexandra Haberstroh von der Bundesdruckerei die Plattform „PLAIN“ vor und wie mit ihrer Hilfe bereits Daten für gute Politik genutzt werden. PLAIN ist die Datenanalyse -und KI-Plattform des Bundes, deren Aufgabe es sei, öffentlich und ressortintern verfügbare Daten zu strukturieren und ressortübergreifend verfügbar zu machen, um letztlich kritische Informationen herauszufiltern. Die Plattform richte sich an Expert*innen und werde von Referent*innen genutzt, um sich einen Überblick über die verfügbare Datenlage zu Sachverhalten zu verschaffen und anschließend Daten zielgerichtet zu nutzen. Dabei bilde die Plattform nicht nur Daten ab, sondern diene auch der weiterführenden Datenanalyse und -nutzung. Dadurch könne der Aufwand für Recherchen reduziert und Entscheidungen schneller getroffen werden.
Dies sei auch die Grundlage dafür, dass PLAIN einen Beitrag für das übergeordnete Ziel leisten könne, dass politische Entscheidungen evidenzbasiert getroffen werden. Um diesem Ziel näher zu kommen und Datensilos aufzubrechen, werde ein kontinuierlicher Dialog mit den Ressorts und der PLAIN-Community geführt. Es sei wichtig, dass es keine Gatekeeper gebe und die Plattform nutzer*innenzentriert weiterentwickelt werde. Darüber, welche weiteren Vorteile die Plattform für die alltägliche Arbeit in der Bundesverwaltung bietet und wie diese Vorteile besser kommuniziert werden könnten, tauschte sich Haberstroh nach ihrem Input mit den AG-Teilnehmenden aus.
Tools für eine gemeinwohlorientierte datenbasierte Politik
Den Abschluss des Tages machte Dr. Felix Sieker von der Bertelsmann Stiftung, der einen Impuls dazu gab, wie Daten für die gemeinwohlorientierte Politikgestaltung genutzt werden können. Dies sei beispielsweise mit dem partizipativen Umfragetool „Polis“ möglich, das Sieker anhand mehrerer praktischen Anwendungsbeispiele der Bürger*innenbeteiligung vorstellte. In Polis könnten Nutzer*innen verschiedenen Statements zu einem Thema zustimmen, sie ablehnen oder sich enthalten. Im Anschluss plotte Polis die Statements auf einem zweidimensionalen Raum zwischen den Polen Befürwortung und Ablehnung, wodurch Meinungsgruppen erkenntlich würden. Der Vorteil: Das Tool ermittle anhand der Daten zudem Konsensstatements, also Übereinstimmungen und Schnittmengen zwischen Gruppen mit eigentlich abweichenden Meinungen zu dem Thema. Über den zugrundeliegenden Algorithmus sowie die Vor- und Nachteile jener Gruppenbildungen wurde nach dem Vortrag intensiv und kritisch diskutiert. Sieker betonte, dass die Ergebnisse von Bürger*innenbeteiligungsverfahren dann auch in die Gesetzgebung einfließen müssten. Andernfalls könne das Vertrauen der Bürger*innen in die Politik erodieren. Hinsichtlich der praktischen Anwendung solcher Tools merkte Sieker jedoch kritisch an:
Nach diesen verschiedenen Perspektiven rund um das Thema, wie man mit Daten gute Politik macht, konnten die Teilnehmenden sich bei einem gemeinsamen Mittagessen zu den Impulsen austauschen und networken. Wir danken Sopra Steria für die Location!