Mehrheit der Bevölkerung resilient im digitalen Wandel
- Großteil der Bevölkerung gehört mit soliden digitalen Kompetenzen zur Digitalen Mitte.
- Knapp zwei Drittel verfügen über wichtige Resilienzfaktoren für den digitalen Wandel.
- Nur Wenige glauben, dass ihr Beruf durch die Digitalisierung wegfallen könnte.
- Bürger*innen sehen Desinformationen als größte Gefahr der Digitalisierung für die Demokratie.
- Zusammenspiel von grünem und digitalem Wandel noch nicht hinreichend durchdrungen.
Der D21-Digital-Index liefert jedes Jahr ein umfassendes Lagebild zur Digitalisierung in Deutschland und zeigt, wie gut sich die Gesellschaft den Herausforderungen des digitalen Wandels stellt. Im Fokus der aktuellen Studie stehen die digitale Teilhabe der Menschen und ihre Resilienz im digitalen Wandel, digitale Wertschöpfung, unterschiedliche Auffassungen zum Einfluss der Digitalisierung auf Demokratie sowie die Wechselwirkungen mit dem grünen Wandel.
Für die große Mehrheit der Menschen in Deutschland ist die Digitalisierung fester Bestandteil des eigenen Lebens. Mehr als die Hälfte der Bürger*innen (55 Prozent) gehören zur Digitalen Mitte, die gut im digitalen Wandel mithalten kann. Mehr als jede*r Vierte kann sich zu den Digitalen Profis (30 Prozent) zählen. Sie finden sich souverän und kompetent in der digitalen Welt zurecht. Etwa 15 Prozent bilden die Gruppe der digitalen Vermeider*innen, die aktuell wenig am digitalen Leben teilhaben. Die digitale Spaltung in der Gesellschaft ist also noch nicht aufgehoben. Vor allem Frauen, ältere Generationen und Menschen mit niedriger formaler Bildung laufen Gefahr, ins digitale Abseits zu geraten und gesellschaftlich und ökonomisch den Anschluss zu verlieren. Spezifischere Themen wie eine realistische Einschätzung der Wechselwirkungen von Digitalisierung und Klimaschutz fällt den Menschen weiterhin schwer. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie D21-Digital-Index 2022/23 der Initiative D21, durchgeführt von Kantar und unter der Schirmherrschaft des Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck.
Resilienz ist eine zentrale Fähigkeit im digitalen Wandel
Der digitale Wandel ist ein dauerhafter Transformationsprozess, der das Leben der Menschen nachhaltig beeinflusst. Um als Gesellschaft und als Individuum souverän mit Veränderungen im digitalen Wandel umgehen zu können, bedarf es Resilienz. 64 Prozent der Bürger*innen verfügen derzeit über wichtige Resilienzfaktoren und sind in der Lage, sich den stetigen Veränderungsprozessen anzupassen. Neben der Fähigkeit, ihre digitalen Kompetenzen kritisch einschätzen zu können, weisen sie ein grundlegendes Verständnis für zukünftig notwendige Kompetenzen sowie eine insgesamt positive Grundeinstellung gegenüber dem digitalen Wandel auf. Etwa ein Viertel der Bevölkerung ist der Überzeugung, dass zukünftig noch viel komplexere Fähigkeiten notwendig werden, um am digitalen Leben selbstbestimmt teilhaben zu können. Vor dem Hintergrund, dass sich 44 Prozent zwingend für analoge Alternativen neben digitalen Angeboten aussprechen und 20 Prozent glauben, es werde zu viel digitalisiert, erklärt Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21:
Wohlstand durch digitale Wertschöpfung
Die Digitalisierung durchdringt viele Lebensbereiche, so auch Arbeitswelt und Wirtschaft. Wertschöpfung erfolgt hier immer häufiger und in immer neuen Bereichen auch durch Digitalisierung. 40 Prozent der zwischen 2005 und 2016 neu geschaffenen Berufe sind in digitalintensiven Branchen entstanden. Damit einhergehende Transformationsprozesse sind jedoch nur wenigen Menschen bewusst: Während 80 Prozent der Berufstätigen der Aussage zustimmen, bis 2035 könnten ganze Berufe verschwinden, glauben nur 19 Prozent, dies könne sie selbst betreffen. Die meisten Berufstätigen (61 Prozent) glauben, dass sie von der Digitalisierung profitieren, wobei eine knappe Mehrheit (58 Prozent) ihren Arbeitgeber*innen attestiert, die nötigen Schritte für den digitalen Wandel zu ergreifen. Allerdings geben nur 16 Prozent an, in den letzten 12 Monaten Schulungen und Weiterbildungsangebote zum Thema Digitalisierung in Anspruch genommen zu haben, die von den Arbeitgeber*innen bezahlt wurden. Zur Herausforderung für den Wohlstand im Land droht das Bildungssystem zu werden, von dem nur 31 Prozent annehmen, dass es Schüler*innen ausreichend digitale Fähigkeiten vermittelt, um im internationalen Vergleich mithalten zu können.
Desinformation ist aus Sicht der Bevölkerung eine der größten Gefahren der Digitalisierung für die Demokratie
Zum Einfluss der Digitalisierung auf die Demokratie ist sich die Bevölkerung uneins. 56 Prozent der Bürger*innen glauben, dass sich die Digitalisierung eher positiv auf die Demokratie auswirkt. Auf der anderen Seite sehen 20 Prozent der Bevölkerung in der Digitalisierung eine Gefahr für die Demokratie. Damit ist der Anteil derjenigen Bürger*innen, die in der Digitalisierung eine Gefahr für die Demokratie sehen, im Vergleich zum Vorjahr um 8 Prozentpunkte gesunken. 64 Prozent geben an, dass in ihren Augen Desinformationen eines der größten Risiken für die Demokratie sind; fast ebenso vielen (61 Prozent) sind Desinformationen im Netz bereits begegnet. 6 von 10 Bürger*innen sagen von sich, dass sie unseriöse Nachrichten im Netz erkennen können. Das sind etwas mehr, als sich zutrauen, die Richtigkeit von Informationen und deren Quellen beurteilen zu können (50 Prozent).
Zwillingstransformation: Grüner und digitaler Wandel
Neben der digitalen Transformation ist der grüne Wandel eine der zentralen Herausforderungen für die Gesellschaft. Den Bürger*innen fällt eine realistische Einschätzung der Wechselwirkungen von Digitalisierung und grünem Wandel weiterhin schwer. So gibt knapp die Hälfte (49 Prozent) an, dass ihnen bei der Nutzung digitaler Anwendungen Informationen über die damit verbundenen Umweltauswirkungen fehlen. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung (35 Prozent) ist sich unschlüssig, ob sie bei zwei vergleichbaren digitalen Produkten die nachhaltigere Alternative wählen würde, wenn dieses teurer wäre. Auch bei der Identifikation von wirkungsvollen Maßnahmen für einen grünen Wandel sind die Bürger*innen unentschlossen: Mit ähnlichen Anteilen beurteilen sie Anreize und Förderprogramme (33 Prozent), Investitionen in Forschung (33 Prozent), Selbstverpflichtungen der Industrie (31 Prozent) und Regulierungen (30 Prozent) als mögliche Maßnahmen für einen erfolgreichen digitalen und grünen Wandel. Mit etwas Abstand werden internationale Abkommen von einem knappen Viertel (24 Prozent) genannt.