D21-Digital-Index 2022/2023
Seit dem Jahr 2013 liefert die Studie D21-Digital-Index ein umfassendes jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft in Deutschland. Sie zeigt auf empirischer Grundlage auf, wie die Gesellschaft die Veränderungen durch die Digitalisierung adaptiert und wie gut sie für die Herausforderungen des digitalen Wandels gerüstet ist.
Der D21-Digital-Index ist eine Studie der Initiative D21, wird durchgeführt von Kantar und gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Neben der Untersuchung des Digitalisierungsgrads der Bevölkerung stehen in diesem Jahr Themen der digitalen Lebenswelt der Bürger*innen im Mittelpunkt, zum Beispiel in Bezug auf ihre Resilienz im digitalen Wandel, digitale Kompetenzen und Teilhabe an der digitalen Wertschöpfung, aber auch unterschiedliche Auffassungen zum Einfluss der Digitalisierung auf Demokratie sowie Wechselwirkungen mit dem grünen Wandel. Außerdem sind folgende Neuheiten hervorzuheben:
Zum zehnjährigen Bestehen wurde die Studie in diesem Jahr zukunftsorientiert erweitert: Neben dem etablierten Digital-Index als Indikator für den Digitalisierungsgrad der Bevölkerung haben wir einen aussagekräftigen Indikator für die Resilienz der Bevölkerung im digitalen Wandel entwickelt. Diese neue Kenngröße trägt dazu bei, besser zu verstehen, wie gut die Gesellschaft bereits gewappnet ist für die Umbrüche durch die digitale Transformation. So können die Menschen im Wandel besser unterstützt und gestärkt werden.
Mit der vorliegenden Studie starten wir ein digitalpolitisches Monitoring zu 5 gesellschaftlich besonders relevanten Zielen der Digitalstrategie der Bundesregierung. Es zeigt die Ausgangslage der Bevölkerung in Bezug auf diese Ziele auf und wird in den kommenden Jahren die Fortschritte digitalpolitischer Maßnahmen beim Erreichen dieser Ziele messen. Das Monitoring macht damit Erfolge und Misserfolge sichtbar und leistet einen wichtigen Beitrag zur strategischen Steuerung aktueller und zukünftiger digitalpolitischer Maßnahmen der Bundesregierung.
Zentrale Ergebnisse im Überblick
- Digitale Gesellschaft: Großteil der Bevölkerung gehört mit soliden digitalen Kompetenzen zur Digitalen Mitte.
- Resilienz im digitalen Wandel: Knapp zwei Drittel verfügen über wichtige Resilienzfaktoren.
- Digitale Wertschöpfung: Nur Wenige glauben, dass ihr Beruf durch die Digitalisierung wegfallen könnte.
- Zusammenhalt und Demokratie: Bürger*innen sehen Desinformationen als größte Gefahr der Digitalisierung für die Demokratie.
- Zwillingstransformation: Zusammenspiel von grünem und digitalem Wandel noch nicht hinreichend durchdrungen.
Digital-Index und Digitale Gesellschaft
Digital-Index: Der Digitalisierungsgrad der deutschen Gesellschaft liegt bei 57 von möglichen 100 Punkten und befindet sich damit im Mittelfeld. Den höchsten Säulenwert erreicht die Indexsäule Zugang, vor den Digitalkompetenzen. (S. 14)
Typologie der Digitalen Gesellschaft: Für die große Mehrheit der Bürger*innen ist Digitalisierung ein fester Bestandteil des eigenen Lebens. 55 Prozent gehören zur Digitalen Mitte, 30 Prozent sogar zu den Digitalen Profis. Nur 15 Prozent sind Digitale Vermeider*innen. (S. 15)
Digital-Index und Resilienz: Die Annahme „Je digitaler, desto resilienter“ trifft so nicht zu. Zum Beispiel sind 98 % der Zuversichtlichen Profis resilient im digitalen Wandel, aber nur 68 % der Ambivalenten Profis – trotz ähnlichen Index-Werten. (S. 18)
Digitale Spaltung: Vor allem Frauen, ältere Generationen und Menschen mit niedriger formaler Bildung laufen Gefahr, ins digitale Abseits zu geraten und den Anschluss zu verlieren. (S. 19)
Resilienz im digitalen Wandel
Mehrheit resilient im digitalen Wandel: 64 Prozent der Bürger*innen verfügen derzeit über wichtige Resilienzfaktoren, die ihnen helfen, sich den stetigen Veränderungsprozessen durch die Digitalisierung anzupassen. (S. 23)
Mehr Basiskompetenzen, mehr Resilienz: Der Resilienzindikator der Menschen mit allen Basiskompetenzen liegt bei 83 Prozent. Aber: Nicht einmal die Hälfte der Bürger*innen in Deutschland verfügt über alle 5 Basiskompetenzen. (S. 26)
Zukunftsfähigkeit digitaler Kompetenzen: Ein breites Bewusstsein dafür, dass zukünftig immer komplexere digitale Kompetenzen notwendig sein werden, um am (digitalen) Leben teilzuhaben, fehlt. (S. 27)
Offenheit für den digitalen Wandel: Während die Säulen Zugang, Kompetenz und Nutzung in den letzten 10 Jahren gestiegen sind, verbesserte sich die Einstellung der Bürger*innen gegenüber der Digitalisierung nicht merklich. Von ihr zu profitieren, glauben sogar weniger Menschen als im Vorjahr (55 Prozent, -4 Prozentpunkte). (S. 30)
Zusammenhalt und Demokratie
Einfluss der Digitalisierung auf die Demokratie: Die Mehrheit glaubt daran, dass sich die Digitalisierung eher positiv auf die Demokratie auswirkt. Ein Viertel glaubt hingegen eher an einen negativen Einfluss. (S. 34)
Chancen der Digitalisierung: Koordination von Hilfsaktionen wird am häufigsten als wichtige Chance gesehen (56 Prozent), gefolgt von der Möglichkeit, sich unabhängig im Netz zu informieren (47 Prozent). (S. 34)
Meinungsfreiheit und Kontrolle von Inhalten im Netz: Der Hälfte ist die freie Meinungsäußerung im Netz wichtiger, als Inhalte in sozialen Netzwerken auf herabsetzende und demokratiefeindliche Äußerungen hin zu kontrollieren. 38 Prozent sprechen sich dafür aus, dass es wichtiger ist, geäußerte Inhalte zu kontrollieren. (S.38)
Desinformationen als Treiber gesellschaftlicher Spaltung: 64% geben an, dass Desinformationen eines der größten Risiken der Digitalisierung für die Demokratie sind; fast ebenso vielen sind Desinformationen auch bereits im Netz begegnet. (S. 40)
Digitale Wertschöpfung
Bildung als Baustein für Sicherung des zukünftigen Wohlstands: Nicht einmal ein Drittel (31 Prozent) der Bürger*innen stimmen zu, dass deutsche Schulen die nötigen Fähigkeiten zum Umgang mit der Digitalisierung vermitteln, damit die Schüler*innen im internationalen Vergleich gut mithalten können. (S. 46)
Rolle der Arbeitgeber*innen: Rolle der Arbeitgeber*innen: Eine knappe Mehrheit (58 Prozent) der Berufstätigen glaubt, dass ihre Arbeitgeber*innen nötige Schritte ergreifen, damit ihre Organisation im digitalen Wandel mithalten kann. Bei Menschen ohne Bürojob glaubt dies nicht einmal die Hälfte. (S. 48)
Value-Action-Gap bei Arbeitnehmer*innen: Nicht alle, die eine Eigenverantwortung beim Schritthalten mit dem digitalen Wandel sehen, tun selbst etwas dafür. Nur 80 Prozent von ihnen haben sich in den letzten 12 Monaten Wissen zu digitalen Anwendungen angeeignet. (S. 47)
Vogel-Strauß-Effekt bei Substituierbarkeitspotential: Berufstätige unterschätzen die Auswirkungen des Arbeitsweltwandels auf ihr Berufsleben. Während 80 Prozent von ihnen glauben, bis 2035 könnten ganze Berufe verschwinden, denken nur 19 Prozent, dies könne sie selbst betreffen. (S. 50)
Digitaler und grüner Wandel
Wechselwirkungen zwischen digitalem und grünem Wandel: Die breite Bevölkerung kann die beiden komplexen Transformationsprozesse des grünen und des digitalen Wandels bisher noch nicht ausreichend nachvollziehen. Eine Abwägung positiver und negativer Effekte der Digitalisierung auf Umwelt und Klima ist für Lai*innen kaum möglich (S. 58)
Chancen für die Nachhaltigkeit durch Digitalisierung: Mehr als jede*r Dritte (35 Prozent) stimmt zu, dass in neuen digitalen Technologien große Chancen liegen, künftig unabhängig von fossilen Brennstoffen zu werden (S. 60)
Relevante Akteur*innen: Nach Ansicht der Bürger*innen braucht es eine breite Palette an politischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Maßnahmen, damit die Digitalisierung zum Erfolg des grünen Wandels beitragen kann. (S. 62)
Value-Action-Gap bei individuellen Einflussmöglichkeiten: Trotz Bewusstsein für die eigene Handlungsnotwendigkeit sind sich 35 Prozent der Bevölkerung unschlüssig, ob sie bei 2 vergleichbaren digitalen Produkten die nachhaltigere Alternative wählen würde, wenn diese teurer wäre. (S. 63)