„Gemeinsam bewegen wir bei digitalen Kompetenzen mehr“

Mit seiner Digitalen Kompetenzoffensive (DKO) geht Österreich einen vielbeachteten Weg zur Stärkung digitaler Kompetenzen. Im Interview für den D21-Digital-Index 2024/2025 erklären die beiden Programmverantwortlichen Heidrun Strohmeyer und Wolfgang Wisek, welche strategischen Ziele die Initiative verfolgt – und wie die bisherige Umsetzung verläuft.

Schwarz-weiße Bearbeitung eines Porträts von Wolfgang Wisek und Heidrun Strohmeyer

Die Digitale Kompetenzoffensive Österreich (DKO) startete Anfang 2023 als eine von vier Ministerien getragene Initiative mit dem Ziel, digitale Basiskompetenzen in der Bevölkerung sowie IT-Kompetenzen für die Wirtschaft gezielt zu verbessern. Wie kam es dazu, dass Österreich diesen Schritt gegangen ist und die DKO ins Leben gerufen hat? Warum war diese Initiative notwendig – und was ist besonders daran?

Strohmeyer: Österreich hat trotz einer tendenziell positiven Entwicklung im Bereich digitaler Kompetenzen Aufholpotenziale und Handlungsbedarf für bestimmte Gruppen und in wichtigen Bereichen. Eine Analyse des nationalen Digital Skills Indicators zeigt etwa, dass 37 Prozent der Bürger*innen im Alter von 16 bis 74 Jahren nicht über ausreichende digitale Grundkenntnisse verfügen. Mit der DKO hat Österreich daher alle Kräfte für mehr digitale Kompetenzen gebündelt und erstmals eine gesamtheitliche, von vier Ressorts getragene Stakeholder-Initiative etabliert, die unter Federführung des Bundeskanzleramts umgesetzt wird.

Wisek: Wichtig waren von Anfang an die strategische Fundierung, breite Partizipation und innovative Formate der Zusammenarbeit. Die Strategie „Digitale Kompetenzen Österreich“ der DKO wurde in einem bundesweiten Dialogprozess mit mehr als 500 Fachleuten und Stakeholdern aus 80 Institutionen erarbeitet. Es wurden rund 350 Maßnahmen und Initiativen identifiziert, geclustert und gebündelt. Die Umsetzung der DKO erfolgt gemeinsam mit Stakeholdern aus Wirtschaft, Bildung und Gesellschaft. Mit der Unterzeichnung des „Digital Skills Pact“ durch alle Länder gibt es ein starkes Commitment in ganz Österreich, um digitale Kompetenzen in zentralen Handlungsfeldern – von der breiten Bevölkerung bis hin zu IT-Experts, von der Bildung bis zur Verwaltung – zu stärken. Hinter der Digitalen Kompetenzoffensive steht natürlich eine klare Ambition: Die Bundesregierung will Österreich zu einem europäischen Vorreiter im Bereich der digitalen Kompetenzen machen.

Strohmeyer: Bis 2030 sollen möglichst alle Menschen in Österreich über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen, und der Anteil an IT-Fachkräften, insbesondere an weiblichen Fachkräften, soll erhöht werden. Damit trägt die Digitale Kompetenzoffensive wesentlich zu den Zielen der Europäischen Digitalen Dekade bei.

Mit unserem D21-Digital-Index messen wir seit vielen Jahren die digitalen Kompetenzen der Bevölkerung in Deutschland, angelehnt an den DigComp-Referenzrahmen der Europäischen Kommission. Seit 2022 haben wir 5 digitale Basiskompetenzen identifiziert, die für die breite Bevölkerung besonders relevant und vergleichsweise wenig komplex sind. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass in Deutschland nur 49 Prozent der Menschen alle 5 Basiskompetenzen beherrschen – eine Zahl, die sich seit Beginn der Messung nicht verbessert hat. Angesichts dessen: Welche spezifischen Maßnahmen der DKO in Österreich haben sich als besonders wirkungsvoll erwiesen, um die digitalen Fähigkeiten in der Bevölkerung nachhaltig zu stärken? Welche Erkenntnisse könnten für Deutschland besonders relevant sein?

Abbildung: Digitale Kompetenz: 
49% der Befragten verfügen über alle fünf Basiskompetenzen.

Kompetenzfeld Informations- und Datenkompetenz: Im Schnitt verfügen 32% der Menschen mit niedriger Bildung über die relevante Kompetenzen im Kompetenzfeld, bei denen mit mittlerer Bildung 51% und bei denen mit hoher Bildung 67%. 

Kompetenzfeld Kommunikation und Kollaboration: Im Schnitt verfügen 42% der Menschen mit niedriger Bildung über die relevante Kompetenzen im Kompetenzfeld, bei denen mit mittlerer Bildung 64% und bei denen mit hoher Bildung 80%. 

Kompetenzfeld Gestaltung digitaler Inhalte: Im Schnitt verfügen 27% der Menschen mit niedriger Bildung über die relevante Kompetenzen im Kompetenzfeld, bei denen mit mittlerer Bildung 45% und bei denen mit hoher Bildung 59%. 

Kompetenzfeld Sicherheit und Wohlbefinden: Im Schnitt verfügen 38% der Menschen mit niedriger Bildung über die relevante Kompetenzen im Kompetenzfeld, bei denen mit mittlerer Bildung 55% und bei denen mit hoher Bildung 65%. 

Kompetenzfeld Problemlösekompetenz: Im Schnitt verfügen 44% der Menschen mit niedriger Bildung über die relevante Kompetenzen im Kompetenzfeld, bei denen mit mittlerer Bildung 66% und bei denen mit hoher Bildung 81%. 

Auf Basis der Bevölkerung ab 14 Jahren mit 7237 Befragten. Die Top2-Antworten "Trifft voll und ganz zu" und "Trifft eher zu" wurden zusammengefasst.

Strohmeyer: Unsere Studien zeigen seit Jahren einen klaren Digital Skills Gap. Neben Alter spielen Einkommen und formaler Bildungsgrad eine entscheidende Rolle dabei, wer über digitale Kompetenzen verfügt und sicher in der digitalen Welt agieren kann – und wer nicht. Während es in Österreich etwa unter den 16- bis 44-Jährigen kaum Personen gibt, die das Internet nicht nutzen, leben über ein Fünftel der 65- bis 74-Jährigen offline. Zudem sind Menschen mit Matura oder Hochschulabschluss so gut wie alle online, während von jenen, die höchstens über einen Pflichtschulabschluss verfügen, 12 Prozent das Internet nicht nutzen. Es ist wichtig, die tatsächlichen Defizite und Handlungsbedarf möglichst konkret zu erheben – und auf dieser Basis konkrete Maßnahmen zu entwickeln.

Wisek: Die erste große Umsetzungsmaßnahme ist ein Workshop-Programm zur Vermittlung digitaler Basiskompetenzen. Rund 4500 „Digital Überall“-Workshops werden seit Sommer in ganz Österreich ausgerollt. Alle Gemeinden, aber auch private Initiativen können Workshops kostenlos buchen. Wir bieten dabei fünf Themen zur Wahl an: Digitale Senior*innenbildung, Sicherheit im Internet, digitale Amtswege, Leben mit zunehmender Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Die Workshops können von den „Digi-Dolmetscher*innen“ der jeweiligen Gemeinde einfach und unbürokratisch gebucht werden. Der Nachfrage nach den hochwertigen, dreistündigen Workshops, die von professionellen Anbietern der Erwachsenenbildung veranstaltet werden, ist groß. Kürzlich wurde der tausendste „Digital Überall“-Workshop gebucht. Bisher haben über 20.000 Teilnehmer*innen von den Workshops profitiert.

Strohmeyer: Aufbauend auf diesen Basisworkshops ist anschließend in den „Digital Überall PLUS“-Workshops die Möglichkeit zur thematischen Vertiefung gegeben. Dieses modulare Konzept stellt sicher, dass digitale Grundbildung keine Einmal-Maßnahme ist.

Welche speziellen Programme oder Initiativen gibt es in Österreich, um sicherzustellen, dass auch benachteiligte Bevölkerungsgruppen Zugang zu digitalen Bildungsressourcen erhalten?

Strohmeyer: Es gibt unterschiedlichste Initiativen auf Bundes- und Länder-Ebene, die spezielle Zielgruppen adressieren, etwa im Bereich der Jugendarbeit, des Arbeitsmarktservice, der Erwachsenenbildung oder von Senior*innenorganisationen. Im Rahmen der DKO präsentieren und bewerben wir die Angebote von Ressorts, Ländern und Stakeholdern.

Wisek: Gerade die „Digital Überall“-Workshops erweisen sich als sehr wirkungsvolles Instrument, um regional und lokal Bevölkerungsgruppen zu erreichen, die sonst keinen Zugang zu digitalen Bildungsmöglichkeiten haben. Damit erreichen wir auch periphere Regionen, für welche die Anbindung an die digitale Welt umso wichtiger ist. Das entscheidende Prinzip bei unserem Workshop-Programm ist: Wir sind dort, wo die Menschen mit Bildungsbedarf sind. Das zeigen auch die Ergebnisse der „Digital Überall“-Workshop-Buchungen: 85 Prozent der Buchungen erfolgen von ländlichen Gemeinden, die lediglich über eine grundlegende öffentliche Verkehrsanbindung verfügen.

In Deutschland sind nur 30 Prozent der Bürger*innen der Ansicht, dass Schulen die notwendigen digitalen Kompetenzen vermitteln, um im internationalen Vergleich mitzuhalten. Welche Rolle spielen digitale Kompetenzen in den Lehrplänen der österreichischen Bildungseinrichtungen? Wie arbeiten Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen mit der Regierung zusammen, um digitale Kompetenzen zu fördern?

Abbildung: Wissensvermittlung:
30% der Befragten stimmen der Aussage zu: "Schulen vermitteln nötige digitale Fähigkeiten, damit Schüler*innen im internationalen Vergleich mithalten können."
Zustimmung im Zeitverlauf:
2021 lag die Zustimmung zur Aussage "Schulen vermitteln nötige digitale Fähigkeiten, damit Schüler*innen im internationalen Vergleich mithalten können." bei 34 %, 2022 bei 31 % und 2023 28 %.
Auf Basis der Bevölkerung ab 14 Jahren mit 7.237 Befragten. Die Top2-Antworten "Stimme voll und ganz zu" und "Stimme eher zu" wurden zusammengefasst.

Strohmeyer: Wir sind hier einen entscheidenden Schritt weitergekommen. Seit dem Schuljahr 2022/23 haben wir an Österreichs Mittelschulen und AHS-Unterstufen den neuen Pflichtgegenstand „Digitale Grundbildung“ eingeführt. Sie wird in der 5. bis 8. Schulstufe mit jeweils mindestens einer fixen Stunde im Stundenplan umgesetzt. Somit ergibt sich eine Zahl von insgesamt mindestens vier Jahreswochenstunden im Verlauf der Sekundarstufe I. Das zentrale fachliche Konzept des neuen Lehrplans betrachtet Lehrplaninhalte aus drei Blickwinkeln: Wie funktionieren digitale Technologien? Welche gesellschaftlichen Wechselwirkungen ergeben sich durch ihren Einsatz? Und welche Interaktions- und Handlungsoptionen ergeben sich für Schüler*innen? Der Lehrplan der Digitalen Grundbildung fungiert auch als Vorbereitung auf den Informatikunterricht der 9. Schulstufe. Zur Sicherstellung der Qualifizierung der Lehrenden für den neuen Pflichtgegenstand setzt das Bildungsressort eine dreistufige Aus-, Fort- und Weiterbildungsinitiative um.

Wisek: Auch in der dualen Ausbildung spielen digitale Kompetenzen eine immer bedeutendere Rolle. Wirtschaftsressort und Wirtschaftskammer treiben als Stakeholder der DKO diese Entwicklung offensiv voran. Im Rahmen der DKO hat die Bundesregierung etwa auch mit der Digital Innovation School eine weltweit einmalige interdisziplinäre Ausbildungsmöglichkeit an der Medizinischen Universität Wien geschaffen. Mit ihr bieten wir eine neue Ausbildungsmöglichkeit für Österreichs Digital-Expert*innen der Zukunft, die Führungsrollen in der digitalen Transformation übernehmen können. Die DKO stärkt somit auch die Vernetzung zwischen Regierung, Bildung und Wissenschaft.

Lebenslanges Lernen ist ein erklärtes Ziel der europäischen Kompetenzagenda. In Deutschland gaben nur 16 Prozent der Berufstätigen an, in den letzten 12 Monaten digitale Kompetenzen durch Weiterbildungsangebote ihrer Arbeitgeber*innen erworben zu haben. Dieser Wert ist seit Jahren konstant niedrig. Wie kooperiert die Regierung mit der Privatwirtschaft, um sicherzustellen, dass Berufstätige die notwendigen digitalen Kompetenzen erwerben, um mit den aktuellen Anforderungen des Arbeitsmarktes Schritt halten zu können?

Abbildung: Berufliche Weiterbildung: die Umsetzungslücke
63% der berufstätigen Onliner*innen stimmen der Aussage zu: "Ich habe schon einmal Wissen über digitale Anwendungen oder Geräte bzw. entsprechende Fähigkeiten in meinem Beruf benötigt." Auf Basis der berufstätigen Onliner*innen mit 3.179 Befragten. Die Frage wurde nur in der Onlinestichprobe gestellt.
16% der Berufstätigen stimmen der Aussage zu: "Ich habe in den letzten 12 Monaten Weiterbildungsangebote wahrgenommen, die mein*e Arbeitgeber*in bezahlt hat." Auf Basis der Berufstätigen mit 4.449 Befragten.

Wisek: Mit der DKO bieten wir erstmals in Österreich eine verlässliche „Währung“ für digitale Kompetenzen. Der Nationale Referenzrahmen für digitale Kompetenzen mit dem österreichischen Modell für digitale Kompetenzen DigComp 2.3 AT bringt Transparenz, Vergleichbarkeit und Orientierung rund um digitale Kompetenzen. Davon profitieren alle Beteiligten: Menschen, die ihre digitalen Kompetenzen verbessern wollen, Bildungsanbieter, Unternehmen, Institutionen und Interessenvertretungen.

Strohmeyer: Damit wird es auch möglich, die umfangreichen Aktivitäten und Angebote im Bereich digitaler Weiterbildung noch besser und lebenslang zu nutzen. Als Beispiel nenne ich nur die Aktivitäten des Wirtschafts- und Arbeitsressorts. Das Arbeitsmarktservice (AMS) setzt umfassende Qualifizierungsschwerpunkte im Bereich Digitalisierung. Nachdem ein großer Anteil des Arbeitslosenbestands maximal über einen Pflichtschulabschluss verfügt, zielen Ausbildungsangebote im Bereich der Basisqualifizierung auf die Abdeckung grundlegender bis mittlerer Qualifizierungsbedarfe ab. Qualifikationsanforderungen im Zusammenhang mit digitalen Kompetenzen für den Arbeitsmarkt werden im Rahmen der Initiative „New Digital Skills“ syste­matisch identifiziert, damit entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen bereit­gestellt werden können. Das AMS arbeitet dabei mit Unternehmen verschiedener Branchen zusammen. Das Berufsinformationssystem des AMS bietet Kurzbeschreibungen mit Tätigkeiten, beruflichen Kompetenzen und Weiterbildungen für ca. 500 Berufsprofile. Das Digitale Kompetenzmodell für Österreich DigComp 2.3 AT wurde in das Berufsinformationssystem integriert. Somit steht für alle erfass­ten Berufe ein Überblick über die konkret benötigten digitalen Kompetenzen zur Verfügung. Personen, die sich über Berufe informieren, werden direkt über die benötigen digitalen Kompetenzen informiert.

Neben der Erhöhung der IT-Fachkräfte strebt die Kompetenzagenda der EU an, dass bis 2025 mindestens 50 Prozent der Erwachsenen zwischen 25 und 64 Jahren an Bildungsmaßnahmen teilgenommen haben. In Deutschland gaben jedoch nur 20 Prozent der Bürger*innen ab 14 Jahren an, an formellen Weiterbildungsangeboten teilgenommen zu haben. 27 Prozent haben sich keinerlei neues digitales Wissen angeeignet, häufig mit der Begründung, sie würden es nicht benötigen. Welche großen Herausforderungen sind bei der Umsetzung der DKO aufgetreten? Und welche Strategien wurden entwickelt, um diese zu überwinden?

Abbildung: Wissensaneignung: 
20% der Bevölkerung haben sich im letzten Jahr formal Wissen zu digitalen Themen angeeignet und 65 % informell. 27%  geben an, sich im letzten Jahr kein Wissen zu digitalen Themen angeeignet zu haben. Auf Basis der Bevölkerung ab 14 Jahren mit 7.237 Befragten.

Top 3 Gründe, warum im letzten Jahr keine Wissensaneignung zu digitalen Themen erfolgt ist:
66 % der Bevölkerung ohne Wissensaneignung zu digitalen Themen geben an, dass sie es nicht brauchen oder kein Interesse haben. 9% geben an, niemanden zu haben, den sie fragen können. 8% geben an, dass Wissensaneignung zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte. 
Auf Basis der Bevölkerung ab 14 Jahren ohne Wissensaneignung zu digitalen Themen im letzten Jahr mit 1.497 Befragten.

Wisek: Die Herausforderung liegt ja noch etwas tiefer: In der von klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) geprägten Unternehmenskultur Österreichs stehen wir vor der Herausforderung, die digitale Transformation der Unternehmen zu forcieren. EU-Ziel ist ja, dass 90 Prozent der KMU eine digitale Basis-Intensität aufweisen. Österreich liegt noch deutlich unter dem Zielwert 2030. 57,9 Prozent der KMU haben eine digitale Basis-Intensität. Bei der Nutzung von Cloud-Computing liegt Österreich mit 35,6 Prozent der Unternehmen deutlich unter dem EU-Durchschnitt (38,9 Prozent). In Österreich nutzen aktuell nur 47 Prozent der Unternehmen fortgeschrittene Technologien wie KI, Data Analytics oder Cloud Computing. Mit Programmen wie KMU.Digital fördert Österreich die digitale Transformation von KMU und das Know-how in Unternehmen. Dies hat auch entsprechende Effekte für den immer spürbareren Weiterbildungsbedarf und höhere Sensibilität für digitale Weiterbildung.

Strohmeyer: Der Bedarf an IT-Skills ist von Seiten der Wirtschaft erheblich: Untersuchungen des Industriewissenschaftlichen Instituts weisen einen zusätzlichen Bedarf an IKT-Fachkräften von 25.700 bis 27.800 Personen aus. Nach Modellrechnungen wird bis 2030 ein zusätzlicher Bedarf an IKT-Fachkräften zwischen 35.400 und 38.600 Personen entstehen. Digitale Aus- und Weiterbildung ist ein Schlüsselthema für Standort und Gesellschaft.

Welche Indikatoren und Methoden werden verwendet, um den Erfolg der DKO zu bewerten und sicherzustellen, dass die gesetzten Ziele erreicht werden?

Strohmeyer: Die Wirkungsorientierung ist nicht nur integraler Teil unserer Aktivitäten in der Bundesverwaltung, wir haben sie auch in der Strategie der DKO von Anfang an verankert. Um die Entwicklung von digitalen Kompetenzen und Veränderungen umfassend evaluieren und auf dieser Basis Entscheidungen für die Weiterentwicklung tref­fen zu können, wurde ein laufendes Monitoring etabliert. Für das Monitoring wird der Digital Skills Indicator genutzt. Das Monitoring der Entwicklung in den Bereichen Basiskompetenzen bzw. Fachkräfte erfolgt in Anlehnung an den DESI.

Unsere Befragung zeigt, dass sich nur 25 Prozent der Menschen zutrauen, zu erkennen, ob Inhalte wie Musik, Videos, Fotos oder Texte von einer Künstlichen Intelligenz (KI) erstellt wurden. Dies verdeutlicht eine große Unsicherheit im Umgang mit KI-generierten Inhalten. Welche weiteren Schritte plant die DKO, um die Bevölkerung auf zukünftige technologische Entwicklungen wie KI vorzubereiten und insbesondere Kompetenzen im kritischen Umgang mit KI-generierten Inhalten zu stärken?

Abbildung: 25% der Bevölkerung sagen, dass sie in der Lage sind, zu erkennen, ob Inhalte wie Nachrichten, Musik oder Bilder von einer künstlichen Intelligenz oder von Menschen erstellt wurden, das sind 3 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.

Auf Basis der Bevölkerung ab 14 Jahren mit 7.237 Befragten. Die Top2-Antworten "Trifft voll und ganz zu" und "Trifft eher zu" wurden zusammengefasst.

Wisek: Das Thema KI ist integraler Bestandteil unseres Angebots an „Digital Überall“-Workshops in ganz Österreich. Es ist natürlich auch Gegenstand der Aktivitäten an den Schulen. Österreich hat als eines der ersten Länder in Europa eine Servicestelle für Künstliche Intelligenz eingerichtet. Sie dient als Ansprechpartner und Informationshub einer breiten Öffentlichkeit zum Thema KI. Die Servicestelle unterstützt übrigens auch bei der Umsetzung des europäischen AI Act.

Wir sind der Ansicht, dass es gerade in einer Zeit, die von Unsicherheit und Krisen geprägt ist, wieder wünschenswerte Zukunftsbilder mit positiven Erzählungen und Zielvorstellungen braucht. Daher zum Abschluss: Welches wünschenswerte Zukunftsbild der Digitalen Gesellschaft haben Sie?

Wisek: Auch das Thema des Zukunftsbildes haben wir in unseren strategischen Grundlagen im Rahmen von „Digital Austria“ und auch bei der DKO beantwortet: Uns leitet die Vision eines lebenswerten, demokratischen, digitalen Österreichs 2050 ohne Kontrollstaat und Monopolunternehmen. Die wünschenswerte „Digitale Verantwortungsgesellschaft“ zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass der Staat jene Voraussetzungen schafft, die die dynamische digitale Entwicklung der Wirtschaft ermöglichen und gleichzeitig gesellschaftliches, wirtschaftliches und politisches Handeln krisenfest absichern. Digitale Kompetenzen sollen sich in der gesamten Gesellschaft auf einem hohen Niveau bewegen, damit die Menschen die Digitalisierung in allen Lebensbereichen möglichst eigenverantwortlich nutzen können.

Gibt es sonst noch etwas, das Sie uns mitgeben möchten, z. B. Ergebnisse, die Sie überrascht haben, oder Fragen, die Sie gern beantwortet hätten?

Strohmeyer: Ja, die große Erfahrung bei der DKO ist: Gemeinsam bewegen wir einfach mehr. Ich kenne keine andere Initiative, die vom Bund über die Länder und Gemeinden sowie von der Bildung bis zu der Wirtschaft so viele Stakeholder und Akteure in Strategie und Umsetzung eingebunden hat. Digitale Kompetenzen erfordern es, dass wir gemeinsam an einem Strang in Richtung Zukunft ziehen. Mit einer gemeinsamen Währung, klaren Zielen, geteilten Verantwortungen und innovativen Formaten und Instrumenten.

Wisek: Auch, dass die Digitale Kompetenzoffensive eine besondere Qualität des Verwaltungshandelns und innovative neue Wege ermöglicht hat, freut uns sehr. Das wurde beim 23. eGovernment-Wettbewerb von BearingPoint und Cisco auch mit einem Sieg in der Kategorie Verwaltungstransformation ausgezeichnet.

Das Interview führte

Porträt von Sandy Jahn

Sandy Jahn, Referentin Strategic Insights & Analytics (sie/ihr)