AG-Blog | Was ist eigentlich Digitale Souveränität?
Die digitale Souveränität ist wohlmöglich eines der zurzeit am meist diskutiertesten digitalpolitischen Themen. Was digitale Souveränität jedoch konkret bedeutet, dazu gibt es unterschiedliche Interpretationen und Sichtweisen.
Berlin/virtuell. Die digitale Souveränität ist wohlmöglich eines der zurzeit am meist diskutiertesten digitalpolitischen Themen. Was digitale Souveränität jedoch konkret bedeutet, dazu gibt es unterschiedliche Interpretationen und Sichtweisen. Anhand zweier Expert*innen-Vorträge hat sich nun die AG Innovativer Staat in ihrer letzten digitalen Sitzung dem Thema gewidmet und darüber diskutiert, wie ein digital souveräner Staat aussehen kann.
Digitale Souveränität als strategische Autonomie
Basanta Thapa, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) am Fraunhofer FOKUS, hat in seinem Vortrag zur digitalen Souveränität als strategische Autonomie Lösungsansätze und Deutungsangebote vorgestellt. Aus Sicht von ÖFIT bedeutet die zunehmende Digitalisierung des Staates, eigene Prioritäten durchzusetzen, ohne sich dabei in digitale Abhängigkeit zu begeben. Dabei müsse man verschiedene Schattierungen und Gradienten beachten, wie beispielsweise die unterschiedlichen Komponenten der öffentlichen IT: Software, Netze, Hardware, Daten und Plattformen. Darüber hinaus sei eine Abwägung zwischen Relevanz, Spezifität und Wirtschaftlichkeit von großer Bedeutung, betonte Thapa. Eine allumfängliche Souveränität in jeder Dimension müsse seiner Meinung nach aber nicht hergestellt sein. Wichtig sei es aber, eigene Prozesse, Technologien und ihre Bedeutung zu kennen und zu wissen, an welcher Stelle Souveränität nötig oder relevant sei. Hierfür könne man die Abhängigkeiten und Kosten-Nutzen-Verhältnisse bewerten und die Bandbreite der Instrumente, wie beispielsweise die Schaffung und Durchsetzung eigener Standards nutzen.
Digitale Souveränität im internationalen Raum
In einem zweiten Vortrag von Dr. Julia Pohle, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe „Politik der Digitalisierung“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, über die digitale Souveränität im internationalen Diskurs, erhielten die Teilnehmer*innen der Arbeitsgruppe Einblicke in die Entwicklung der Begrifflichkeit und Bedeutung der digitalen Souveränität im internationalen Raum. So gebe es mehrere Gründe für das Streben nach digitaler Souveränität, wie beispielsweise die Enthüllungen von Edward Snowden oder der sogenannte „Plattform-Kapitalismus“, also die zunehmende Intervention der Plattformen in staatliche Bereiche und der sich dadurch ergebende Ausschluss aus Regulierungen. Bereits im Jahr 2010 sei der Begriff in China aufgekommen und diskutiert worden. Ziel der staatlichen Autonomie sei es, öffentliche IT-Infrastrukturen zu sichern, ohne sich dabei von ausländischen Diensten abhängig zu machen. Insbesondere in Deutschland sei die Diskussion noch sehr stark normativ mit abstrakten Zielvorstellungen und ohne konkrete Umsetzungen, wie Dr. Julia Pohle in ihrem Impuls betonte. Der Fokus solle auf demokratischen Werten und nicht auf der Wertediskussion an sich liegen.
Wichtige Frage bei der Diskussion um staatliche digitale Souveränität ist es, das Ziel der Souveränität zu bestimmen. Die Teilnehmer*innen der AG hielten fest, dass digitale Souveränität nicht maximale Unabhängigkeit bedeutet, sondern es um das intelligente Management von verschiedenen digitalen Abhängigkeiten geht. Wie die Ausgestaltung dafür in Deutschland aussehen kann und wird, will die AG Innovativer Staat in kommenden Treffen weiter diskutieren und beleuchten.