Deutsche Gesellschaft wird digitaler – aber steht der Digitalisierung skeptischer gegenüber
- Künstliche Intelligenz (KI), ChatGPT und Co.: Schon jede*r Dritte nutzt KI-Dienste, doch kompetenter Umgang fällt vielen noch schwer
- Wohlstand und Digitalisierung: Nur gut jede*r Zweite sieht eigene*n Arbeitgeber*in im digitalen Wandel (inter-)national gut aufgestellt
- Resilienz in digitaler Transformation nimmt in fast allen Bevölkerungsgruppen ab
- Großteil der Bürger*innen in der digitalen Welt angekommen: Digital-Index-Wert bei 58 von 100 Punkten
- Bürger*innen gespalten in ihrer Einstellung zur Digitalisierung: 52 Prozent sind eher skeptisch, nur 47 Prozent sind aufgeschlossen
Berlin. Der D21-Digital-Index erhebt jährlich, wie digital die deutsche Gesellschaft ist und wie resilient sie für die Zukunft aufgestellt ist. Deutlich wird auch in diesem Jahr: Der Großteil der Menschen in Deutschland hat an der digitalen Welt teil und kann ihre Möglichkeiten selbstbestimmt für sich nutzen. Das belegt der diesjährige Digital-Index-Wert von 58 von 100 Punkten (+1 zum Vorjahr).
Gleichzeitig sinkt jedoch die Resilienz, also die Fähigkeit, zukünftig mit dem digitalen Wandel Schritt zu halten. Dies liegt vor allem daran, dass diejenigen Facetten einer positiven Grundeinstellung zum digitalen Wandel abnehmen, die für die Resilienz in diesem Wandel besonders relevant sind. Die Bürger*innen teilen sich in zwei Lager, wenn es um die Digitalisierung geht: diejenigen, die ihr eher skeptisch bis distanziert gegenüberstehen (52 Prozent) und diejenigen, die ihr eher offen und optimistisch entgegenblicken (47 Prozent). Eine zunehmende Ablehnung und der Rückzug aus dem digitalen Fortschritt stellen jedoch eine Gefahr für die Zukunftsfähigkeit von Bürger*innen, Wirtschaft und Staat gleichermaßen dar. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie D21-Digital-Index der Initiative D21 e. V., durchgeführt von Kantar.
Digitalisierung unabdingbar für Erhalt des Wohlstands
Der D21-Digital-Index zeigt die Rolle der Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und den Wohlstand auf. Dr. Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, kommentiert die Studien-Ergebnisse:
Eine große Herausforderung dabei ist der sogenannte „Vogel-Strauß-Effekt“: Zwar gehen 76 Prozent der Berufstätigen davon aus, dass die Veränderungen durch die Digitalisierung bis 2035 auch zum Wegfall von Tätigkeiten oder ganzen Berufen führen werden. Dass dies den eigenen Job betreffen könnte, glauben allerdings nur 23 Prozent. Die Notwendigkeit zur eigenen Weiterentwicklung wird also vielfach unterschätzt. 43 Prozent der Berufstätigen sehen die Unternehmen in der Pflicht, ihre Mitarbeitenden durch Weiterbildungen auf die Anforderungen des digitalen Wandels vorzubereiten. Der Anteil derer, die solche von den Arbeitgeber*innen finanzierten Angebote nutzen, stagniert jedoch seit Jahren auf einem geringen Niveau (2023: 18 Prozent). Dadurch sinken perspektivisch die Beschäftigungschancen in einer immer digitaleren Arbeitswelt, denn schon heute geben 61 Prozent an, digitale Kenntnisse und Fähigkeiten im eigenen Beruf zu benötigen. Pessimistischer als noch im Vorjahr blicken die Berufstätigen auf die Maßnahmen, die in der eigenen Organisation ergriffen werden, um mit dem digitalen Wandel national wie international mitzuhalten. Nur noch 54 Prozent glauben, dass diese ausreichen werden (-4 Prozentpunkte). Auch das Vertrauen in das Bildungssystem sinkt: Dass Schulen die notwendigen digitalen Kompetenzen vermitteln, um zukünftig international mithalten zu können, glauben nur 28 Prozent der Bürger*innen – 2019 waren es noch 36 Prozent.
Künstliche Intelligenz: Große Chancen, große Risiken
Eine KI-Innovation prägte Gesellschaft und Diskurs 2023 besonders: ChatGPT. Fast jede*r Fünfte hat ChatGPT bereits im ersten halben Jahr nach Start genutzt. Damit wurde das Potenzial von KI für die Menschen innerhalb kürzester Zeit unmittelbar erlebbar. 47 Prozent nutzten die Anwendung zur Erstellung von Texten und zum kreativen Schreiben – aber mit 43 Prozent nutzte ein hoher Anteil Chat-GPT auch als Suchmaschine bzw. zur Informationsbeschaffung, was nicht immer verlässliche Ergebnisse liefert.
Zur Entwicklung der KI und deren Bedeutung für die Gesellschaft betont D21-Präsident Marc Reinhardt:
Eine digital resiliente Gesellschaft als politisches Zielbild
Die Gesellschaft bewegt sich einerseits souveräner in der zunehmend digitalisierten Welt (Digital-Index liegt bei 58 von 100 Punkten, +1 zum Vorjahr), andererseits stagniert die Offenheit gegenüber der Digitalisierung und nimmt in einigen Gruppen sogar spürbar ab. Es zeigt sich eine neue digitale Spaltung in diejenigen, die den Wandel annehmen und denjenigen, die sich distanzieren. Dazu Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin der Initiative D21:
Der D21-Digital-Index zeigt auf, dass gerade Bürger*innen mit niedriger formaler Bildung und mit geringem Einkommen unterdurchschnittlich gut für die digitale Welt gewappnet sind und sich auch häufiger überfordert fühlen. Müller formuliert den Auftrag an die Politik: