D21-Digital-Index 2023/2024: Executive Summary
Fit for the Future? Das trifft vor allem auf die Aufgeschlossene Mitte und die Zuversichtlichen Profis zu. Der Rest droht, nicht mit dem digitalen Wandel Schritt halten zu können.
In den letzten Jahren verdeutlichte unsere Studie, dass immer mehr Menschen in Deutschland an der digitalen Welt teilhaben können. Das belegt auch in diesem Jahr der Digital-Index-Wert: 58 von 100 Punkten. Die Resilienz im digitalen Wandel, also die Fähigkeit, auch zukünftig mit dessen Entwicklungen Schritt halten zu können, sinkt jedoch. Dies liegt vor allem daran, dass die Faktoren einer positiven Grundeinstellung zum digitalen Wandel abnehmen, die für die Resilienz der Menschen in diesem Wandel besonders relevant sind.
Zwar sinkt die Resilienz in fast allen Bevölkerungsgruppen, besonders stark jedoch bei denjenigen, die den steigenden Anforderungen mit Rückzug statt mit proaktiver Anpassung begegnen: der Ablehnenden Mitte (minus 12 Prozentpunkte) und den Ambivalenten Profis ( minus 5 Prozentpunkte). Es zeigt sich eine Spaltung der Gesellschaft in diejenigen, die eine positiv-optimistische Grundhaltung einnehmen (im Mittel 88 Prozent Resiliente) und diejenigen, die der fortschreitenden Digitalisierung distanziert bis ablehnend-skeptisch gegenüberstehen (im Mittel 32 Prozent Resiliente).
Unterschiedliche Herangehensweisen an den digitalen Wandel haben also einen entscheidenden Einfluss darauf, ob die Bürger*innen auch in Zukunft vom technologischen Fortschritt profitieren können. Der diesjährige D21-Digital-Index gibt Auskunft darüber, welche Gruppen heute und in Zukunft Gefahr laufen, vom Wandel abgehängt zu werden, und zeigt die entscheidenden Faktoren auf, die für diese Entwicklung verantwortlich sind.
Der wichtigste Treiber für mehr Resilienz sind digitale Basiskompetenzen, doch nur die Hälfte der Bevölkerung verfügt darüber.
Die Initiative D21 empfahl bereits 2021 die Etablierung konkreter und messbarer Ziele für die digitalen Kompetenzen der Bürger*innen, bis dato eine Leerstelle in deutschen digitalpolitischen Strategien.
Digitale (Basis-)Kompetenzen sind der wichtigste Treiber für Resilienz im digitalen Wandel – in Deutschland erfüllen das gerade einmal 50 Prozent. Die Schließung des bestehenden »Digital Skills Gap« ist daher von entscheidender Bedeutung. Neben einer positiven und optimistischen Grundhaltung gegenüber dem digitalen Wandel benötigen die Menschen ein Verständnis der zukünftig benötigten Kompetenzen und eine realistische Selbsteinschätzung ihrer aktuellen digitalen Kompetenzen, um den Anforderungen des Wandels resilient zu begegnen. Nur wer eigene Kompetenzlücken erkennt, kann diese auch gezielt schließen.
In Zeiten extremer Beschleunigung durch Künstliche Intelligenz (KI) ist Resilienz eine Superkraft. Doch immer weniger Menschen sind fit für die digitale Zukunft, aktuell nur noch 61 Prozent (minus 3 Prozentpunkte). Diese Entwicklung stellt eine Gefahr für die Demokratie und den Wohlstand in Deutschland dar – gegenzusteuern ist daher dringend geboten. Eine resiliente Gesellschaft muss Teil des politischen Zielbilds werden und Programme inspirieren, die auf messbare Ziele hin zu diesem Zielbild einzahlen: digitale Basiskompetenzen für alle Bürger*innen fördern, Mehrwerte der Digitalisierung im Alltag der Menschen spürbar machen und Teilhabe an digitaler Wertschöpfung unabhängig von Position oder Arbeitszeitmodell gewährleisten. Flankierend muss ein Monitoring der gesellschaftlichen Resilienz im digitalen Wandel, wie es der D21-Digital-Index liefert, als empirisches Bewertungs- und Steuerungsinstrument politisch genutzt werden. Nur so kann das Zielbild der Digitalstrategie, dass alle von der Digitalisierung profitieren, erreicht werden.
KI stellt höhere Anforderungen an die Informationskompetenzen. Nicht alle sind dem bisher gewachsen.
Keine andere technologische Entwicklung prägte die Digitale Gesellschaft 2023 so stark wie die rasanten Fortschritte im Bereich KI. Jede*r Vierte erwartet, dass sich das eigene Informationsverhalten dadurch stark verändern wird. Die Anforderungen an die Informationskompetenz der Menschen werden steigen. Die Bürger*innen tun sich schwer, KI-generierte Inhalte zu erkennen, nur 22 Prozent trauen sich dies zu. Am ehesten glauben Ambivalente Profis – oft gut ausgebildete Digital Natives –, KI-Inhalte erkennen zu können, bei den Generationen Babyboomer*innen und älter sowie bei Menschen mit niedrigem und mittlerem Bildungsabschluss sinkt der Anteil rapide. Das Erkennen von Desinformation wird durch neue KI-Innovationen schwieriger – hier tun sich vor allem Digitale Vermeider*innen schwer.
Eine KI-Innovation prägt aktuell Gesellschaft und Diskurs besonders: ChatGPT. Bereits ein halbes Jahr nach dem Start nutzten 18 Prozent der Bürger*innen ChatGPT, in der Generation Z sogar mehr als doppelt so viele. Innerhalb kürzester Zeit wurde mit dieser Anwendung das Potenzial von KI für die Menschen unmittelbar erlebbar. Viele Berufstätige erleichtern sich damit die Arbeit, Schüler*innen und Studierende verfassen damit Texte oder recherchieren Informationen. Solche Effizienzgewinne führen zu einer messbar positiveren Einstellung gegenüber dem digitalen Wandel unter den ChatGPT-Nutzer*innen.
Eine zentrale Maßnahme des Digital Education Action Plan der Europäischen Kommission, die bereits 2022 umgesetzt wurde, ist die Erweiterung des Rahmens für digitale Kompetenzen für Bürger*innen um Kompetenzen im Zusammenhang mit KI. Angesichts des Superwahljahres 2024 kommt der Stärkung von Informations- und KI-Kompetenzen aus Sicht der Initiative D21 eine noch größere Bedeutung zu. Im Kampf gegen Desinformation gilt es, die Menschen zu befähigen, aber auch zu schützen. In diesem Jahr wird sich zeigen, wie gut öffentliche Institutionen, Plattformbetreiber*innen und Medien dies bewältigen.
Bürger*innen zweifeln an digitaler Zukunftsfähigkeit von Unternehmen und Schulen im internationalen Vergleich.
Die Arbeitswelt gehört zu den Bereichen, in denen die Menschen in den nächsten 10 Jahren besonders starke Veränderungen durch KI erwarten. 76 Prozent der Berufstätigen gehen davon aus, dass diese Veränderungen durch die Digitalisierung bis 2035 auch zum Wegfall von Tätigkeiten oder ganzen Berufen führen werden. Dass dies den eigenen Job betreffen könnte, glauben allerdings nur wenige (23 Prozent). Dieser Vogel-Strauß-Effekt stellt Wirtschaft und Politik vor Herausforderungen: In Zeiten von Fachkräftemangel und internationalem Wettbewerbsdruck braucht es ein Bewusstsein für die kommenden Anforderungen der Arbeitswelt, um Beschäftigungschancen und Wohlstand im Land zu erhalten.
Eine große Mehrheit sieht sich selbst in der Verantwortung, Maßnahmen zu ergreifen, um mit dem digitalen Wandel Schritt zu halten. Darüber hinaus sehen 43 Prozent der Berufstätigen die Unternehmen in der Pflicht, ihre Mitarbeitenden durch Weiterbildung vorzubereiten. Der Anteil derer, die solche von den Arbeitgeber*innen finanzierten Angebote nutzen, stagniert jedoch seit Jahren auf geringem Niveau (2023: 18 Prozent).
Die Fähigkeit ihres Unternehmens, national bzw. international mit dem digitalen Wandel Schritt zu halten, sehen die Berufstätigen pessimistischer als im Vorjahr. Nur 54 Prozent attestieren, dass ihre Arbeitgeber*innen die hierfür notwendigen Schritte ergreifen (minus 4 Prozentpunkte). Auch bereiten die Schulen nach Ansicht von immer weniger Bürger*innen adäquat auf den Umgang mit der Digitalisierung vor: 2019 glaubten dies noch 36 Prozent, 2023 nur noch 28 Prozent. Um die digitale Wertschöpfung im Land zu fördern, muss aus Sicht der Initiative D21 an verschiedenen Stellschrauben gedreht werden: das Bildungssystem zukunftsfähig aufstellen, Anlaufstellen für Unternehmen schaffen, die sie bei der digitalen Transformation mit Ressourcen, Know-how und Finanzierung unterstützen, und in die Aus- und Weiterbildung der Digitalkompetenzen der Bevölkerung investieren.
Nachhaltiger digitaler Wandel: Ratlosigkeit in der Bevölkerung – Transparenz und Aufklärung als Schlüssel für den gemeinsamen Weg zur Zwillingstransformation
Wie der digitale Wandel nachhaltig und damit im Einklang mit den Zielen des grünen Wandels gestaltet werden kann, ist eine Frage, bei der in weiten Teilen der Bevölkerung Ratlosigkeit herrscht. Selbst bei den digital Kompetentesten und Affinsten – den Digitalen Profis – finden sich Fragezeichen, wenn es darum geht, wer eigentlich die größten Hebel für einen nachhaltigen digitalen Wandel hat und ob Politik, Wirtschaft, Wissenschaft oder Individuen ihrer Verantwortung ausreichend nachkommen. Dabei ist der Wunsch nach mehr Transparenz und Informationen über die Auswirkungen digitalen Handelns auf die Umwelt groß: Vor allem die Digitalen Profis glauben, dass ihnen mehr Wissen helfen würde.
Insgesamt glauben nur noch 16 Prozent, dass sie selbst den größten Beitrag zum Gelingen der Zwillingstransformation leisten können, 2021 waren es noch 21 Prozent. Das Gelingen der Zwillingstransformation kann nicht in der Verantwortung
von Privatpersonen liegen. Entscheidend ist aber die Befähigung der Bürger*innen in ihren Rollen als Wähler*innen und Konsument*innen. Daher sind Informationskampagnen für die breite Masse notwendig, die bei den Grundlagen ansetzen und Zusammenhänge und Wirkungsweisen verständlich und alltagsbezogen erklären. Nur dann erkennen sie, dass sie selbst auch die Gestaltungskraft haben, Handlungsdruck bei Politik und Wirtschaft auszulösen.
D21-Digital-Index 2023/2024: executive summary
Fit for the future? This is especially true for the Open-minded Center and the Confident Professionals. The rest are at risk of not keeping up with the digital transformation.
In recent years, our study has shown that more and more people in Germany are able to participate in the digital world. This year's Digital Index score confirms this once again: 58 out of 100 points. However, resilience in the face of digital transformation, i. e. the ability to keep pace with future developments, is declining. This is mainly due to the fact that those aspects of a positive attitude towards digital transformation that are particularly relevant to people's resilience in this transformation, are declining.
Although resilience is declining in almost all segments of the population, it is declining particularly sharply among those who respond to increasing demands by withdrawing rather than proactively adapting: the Rejecting Center (down 12 percentage points) and the Ambivalent Professionals (down 5 percentage points). There is a division in society between those who have a positive-optimistic attitude (average Resilient 88 percent) and those who are distant or skeptical about the ongoing digitalization (average Resilient 32 percent).
Different approaches to digital transformation will therefore have a decisive impact on whether citizens will be able to benefit from technological progress in the future. This year's D21-Digital-Index provides information on which groups are at risk of being left behind by change today and in the future, and highlights the key factors responsible for this development.
The most important driver for greater resilience in the face of digital transformation is basic digital literacy, but only half of the population has it.
As early as 2021, the Initiative D21 recommended setting concrete and measurable targets for citizens' digital skills, which has been a gap in German digital policy strategies to date. Digital (basic) skills are the most important driver of resilience in the digital transformation – in Germany, only 50 percent of people have these skills. Closing the existing “digital skills gap” is therefore crucial. In addition to a positive and optimistic attitude toward digital transformation, people need an understanding of the skills they will need in the future and a realistic self-assessment of their current digital skills to be resilient in the face of change. Only those who recognize their own skill gaps can address them in a strategic way.
In times of extreme acceleration through artificial intelligence (AI), resilience is a superpower. However, fewer and fewer people are fit for the digital future, currently only 61 percent (down 3 percentage points). This development poses a threat to democracy and prosperity in Germany – it is therefore imperative to take countermeasures. A resilient society must become part of the political vision and inspire programs that contribute to this vision with measurable objectives: promoting basic digital skills for all citizens, making the added value of digitalization tangible in people's everyday lives, and ensuring participation in digital wealth creation regardless of position or working time model. This must be accompanied by monitoring society's resilience in the face of digital transformation, as provided by the D21-Digital-Index, as an empirical assessment and steering tool for policy purposes. This is essential if the digital strategy's goal of ensuring that everyone benefits from digitalization is to be achieved.
AI places higher demands on information literacy. Not everyone is prepared.
No other technological development has shaped the digital society of 2023 as much as the rapid advances in AI. One in four people expect their own information behavior to change significantly as a result. The demands on people's information literacy will increase. People struggle to recognize AI-generated content, with only 22 percent confident in their ability to do so. Ambivalent Professionals – often highly educated digital natives – are the most likely to believe they can recognize AI content, while the numbers drop rapidly among Baby Boomers and above, and people with low and medium levels of education. Recognizing disinformation is becoming more difficult with new AI innovations, especially for Digital Avoidants.
One AI innovation in particular is currently shaping society and public discourse: ChatGPT. Just six months after its launch, 18 percent of citizens were already using ChatGPT, and more than twice as many in Generation Z. With this application, people were able to directly experience the potential of AI in a very short time. Many professionals use it to make their work easier, while students use it to write texts or research information. Such efficiency gains lead to a measurably more positive attitude towards digital transformation among ChatGPT users.
A key action of the European Commission's Digital Education Action Plan, which has already been implemented in 2022, is the expansion of the digital skills framework for citizens to include skills related to AI. In view of the upcoming super-election year 2024, strengthening information and AI skills is even more important from the perspective of the Initiative D21. In the fight against disinformation, it is important to empower people, but also to protect them. This year will show how well public institutions, platform operators, and the media can do this.
Citizens question the digital resilience of organizations and schools in an international comparison.
One of the areas where people expect AI to bring particularly significant changes over the next 10 years is the workplace. 76 percent of professionals believe that these digital changes will lead to the loss of tasks or entire professions by 2035. However, few (23 percent) believe this could affect their own job. This ostrich effect poses a challenge for the economy and politics: In times of skills shortages and international competition, an awareness of future labor market requirements is needed to maintain employment opportunities and prosperity in the country.
A large majority see themselves as responsible for taking action to keep pace with digital transformation. In addition, 43 percent of employees believe that companies have an obligation to prepare their employees through training. However, the proportion of those who take advantage of such employer-sponsored training has stagnated at a low level for years (2023: 18 percent).
Employees are more pessimistic than last year about their organization's ability to keep pace with digital transformation at home and abroad. Only 54 percent say their employer is taking the necessary steps to do so (down 4 percentage points). In addition, fewer people believe that schools are adequately preparing students to navigate the digital transformation: 36 percent believed this to be the case in 2019, compared to just 28 percent in 2023. In order to foster the creation of digital wealth in the country, the Initiative D21 believes that several adjustments need to be made: making the education system fit for the future, creating support centers for companies to help them with their digital transformation by providing resources, expertise and funding, and investing in the education and training of the population's digital skills.
A sustainable digital transformation: The people are at a loss – Transparency and education as the key to a collective approach to the twin transition.
How to make the digital transformation sustainable and in line with the goals of the green transition is a question about which large parts of the population are at a loss. Even among the most digitally competent and savvy – the Digital Professionals – there are question marks about who actually has the greatest leverage for a sustainable digital transformation and whether politics, business, science, or individuals are sufficiently fulfilling their responsibilities. There is a strong desire for more transparency and information about the impact of digital behavior on the environment: Digital Professionals in particular believe that more knowledge would help improve sustainability.
Overall, only 16 percent believe that they themselves can make the greatest contribution to the success of the twin transformation, compared to 21 percent in 2021. The success of the twin transformation cannot be the responsibility of individuals. Nevertheless, empowering citizens in their roles as voters and consumers is crucial. To this end, public information campaigns are needed that start with the basics and explain the connections and implications in a way that is understandable and relevant to everyday life. Only then will they realize that they have the power to put pressure on politicians and companies to act.