Geschichte und Meilensteine der Initiative D21

D21 steht sowohl für Deutschland als auch für Digitalisierung im 21. Jahrhundert. Beides bringt die Initiative D21 seit 1999 zusammen. Wie alles begann, welche Veränderungen es in der 25-jährigen Vereinsgeschichte gab und wie es weitergeht, lesen Sie hier.

Aufbruch ins 21. Jahrhundert (Gründungsjahr 1999)

Es war das Jahr, in dem das erste Blackberry und der erste Roboterhund Aibo auf den Markt kamen und die Deutsche Telekom die ersten DSL-Anschlüsse in deutschen Großstädten schaltete: 1999 gründete sich die Initiative D21 als gemeinnütziger und parteiübergreifender Verein. Mit welchen Zielen wurde die D21 gegründet und wie unterscheiden sich die heutigen Aufgaben von denen vor 20 Jahren?

1999 – das neue Jahrtausend stand vor der Tür und mit ihm der sich bereits abzeichnende Wandel von der Industrie- zur Informationsgesellschaft. Die Bundesregierung nahm sich vor, diesen Wandel aktiv zu gestalten und Deutschland zukunftsfähig zu machen. Auch die Wirtschaft wollte und sollte beim Aufbruch ins Informationszeitalter mitmischen. So gingen auf Initiative von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem damaligen IBM-Chef Erwin Staudt rund 70 Gründungsunternehmen aus verschiedenen Branchen eine Partnerschaft mit der Politik ein: Der Verein Initiative D21 e. V. wurde in der Gründungsversammlung am 27. Juli 1999 geboren, um laut Satzung das Interesse und die Bereitschaft für den Wandel zur Informationsgesellschaft zu wecken und zu fördern.

„Man hatte damals sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft verstanden, dass man für das Thema Digitalisierung Interessenverbände der Industrie braucht, aber eben auch gemeinnützige, unabhängige, überparteiliche und kompetente Gruppen wie die Initiative D21, die das Thema aus gesellschaftlicher Sicht beleuchten“, erinnert sich der damalige D21-Präsident Hannes Schwaderer an die Zeit der Jahrtausendwende. 

Ein wesentliches Merkmal der Initiative D21 war und ist, dass sie gesellschaftlich sehr breit aufgestellt ist und hier viele verschiedenen Stimmen zum Tragen kommen.
Thomas Langkabel, Präsidiumsmitglied und langjähriger Vizepräsident der Initiative D21

Thomas Langkabel ist seit 2001 bei der Initiative D21. Ein weiterer Kerncharakter der Initiative D21 sei, dass sie von Anfang an kontinuierlich nach dem „Warum“ der Digitalisierung gefragt hat: Warum nutzen wir das Internet und neue Technologien und welche Wirkung hat das auf die Gesellschaft?

Eine enge Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Politik

Das Aktionsprogramm der Bundesregierung „Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts“ startete im September 1999. Die Themenfelder reichten vom Zugang zu neuen Medien und Multimedia in der Bildung über innovative Arbeitsplätze bis E-Government. Die Initiative D21 war in diesem Programm als wichtiger Partner verankert. In einer „Public Private Partnership“ sollte sie mit Unterstützung der Regierung konkrete, öffentlichkeitswirksame Projekte und Aktionen für eine beschleunigte Verbreitung und Nutzung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien planen und umsetzen. Auch die Initiative „Frauen geben Technik neue Impulse“ kam im Programm vor: Sie bot unter anderem Einstiegskurse in die Nutzung des Internets für Frauen, im Laufe des Projekts wurden 160.000 Frauen geschult. Die Leiterin dieser Initiative, Prof. Barbara Schwarze, arbeitet seit 2000 in der Initiative D21 mit.

„In den ersten Jahren war die Verknüpfung mit der Bundesregierung besonders eng“, erinnert sich Prof. Barbara Schwarze. Zum einen übernahm der damalige Kanzler Gerhard Schröder den Vorsitz des politischen Beirats. Zum anderen wurden auch die Arbeitsgruppen in einem Tandem von einem Mitglied der Initiative D21 und von einem Mitglied der Regierung, etwa Staatssekretär*innen, geleitet. Den Ehrenvorsitz der Initiative übernahm der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog.

Ein Atlas zeigt die digitale Gesellschaft und ihre Gräben

Mit der Gesellschaft im Blick setzte sich die Initiative D21 ein oberstes Kernziel: den Graben zu schließen zwischen den Menschen, die online sind, und denen, die (noch) offline sind. Die Initiative D21 gab 2001 die erste Grundlagenstudie in Auftrag, die sich auch intensiv den Offliner*innen widmete und fragte: Warum verweigert sich ein Teil der Gesellschaft dem Internet und was hindert Menschen daran, das Internet zu nutzen? Das Ergebnis des sogenannten „Verweigereratlas“ war eine digitale Zweiklassengesellschaft: Auf der einen Seite vom digitalen Graben standen 25,9 Mio. Menschen, die bereits privat das Internet nutzten, und 7,35 Mio. Menschen, die planten, bald online zu gehen. Auf der anderen Seite standen 36,7 Mio. Menschen, die einen privaten Internetzugang für sich überhaupt nicht in Betracht zogen. Unter diesen „Verweigerer*innen“ waren damals besonders häufig Frauen und Personen ab 50 Jahren zu finden.

2002 taufte die Initiative D21 die Studie um in „(N)Onliner-Atlas – Eine Topographie des digitalen Grabens durch Deutschland“ und entwickelte sie 2013 zum D21-Digital-Index weiter. Dabei wurde die rein quantitative Erfassung in eine qualitative Studie gewandelt, die verschiedene Nutzer*innenprofile und ihre digitale Kompetenz analysiert. Für Hannes Schwaderer ist der D21-Digital-Index eines der wichtigsten Werkzeuge der Initiative D21: „Als objektives Lagebild der digitalen Gesellschaft in Deutschland ist diese Studie unsere Diskussionsgrundlage mit der Politik. Wir zeigen den Status quo, um im nächsten Schritt Lösungen zu entwickeln.“ Dies geschieht im gemeinsamen Dialog zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Diese Arbeitsweise und das Selbstverständnis als Netzwerk sind seit ihrer Gründung das Alleinstellungsmerkmal der Initiative D21 geblieben. Es gab aber auch Veränderungen…


Was geht, was bleibt? (1999–2009)

Das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wurde zum Siegeszug der Digitalisierung. 2003 war die Hälfte der Deutschen online. Die sozialen Netzwerke ergänzten die sogenannten neuen Medien. 2004 startete Facebook, 2005 folgte YouTube, ab 2006 wurde getwittert. Im Laufe dieser Jahre entwickelte sich auch die Initiative D21 weiter.

Die Arbeit der Initiative im ersten Jahrzehnt der Vereinsgeschichte war von einer Vielzahl von Projekten insbesondere im Bereich Bildung geprägt. Das Projekt „Intel teach to the future“ schulte beispielsweise 600.000 Lehrkräfte für den Einsatz digitaler Medien und bei „Girls@D21.ibm“ erlebten Schülerinnen der 11. Klasse den Arbeitsalltag in einem IT-Unternehmen. Hochschul- und Schulwettbewerbe wie „Get the best“ und „Vision2Market“ wurden ins Leben gerufen und Best Practices ausgezeichnet. Durch das persönliche Engagement von bekannten Vorständ*innen oder Geschäftsführer*innen aus den Reihen der Initiative D21, die zum Beispiel in den Jurys saßen oder Preisverleihungen übernahmen, gewannen die Projekte und Wettbewerbe oft eine große Resonanz und Sichtbarkeit.

Eine große Erfolgsgeschichte, die seit 2001 bis heute weitergeschrieben wird, ist der Girls’Day, den die Initiative D21 mitinitiiert hat. Im ersten Jahr luden 38 Mitgliedsunternehmen rund 1.800 Mädchen ein, um Frauen in Technikberufen zu treffen, in MINT-Themen hineinzuschnuppern und zu erleben, dass Technik Spaß machen kann. „Die D21-Unternehmen haben die Premiere mit so viel Begeisterung durchgeführt, dass es einen richtigen Schub gab“, sagt Prof. Barbara Schwarze. Im zweiten Jahr nahmen bereits über 1.200 Unternehmen und 42.500 Mädchen teil. 2019 boten deutschlandweit über 10.000 Unternehmen und Organisationen rund 100.000 Veranstaltungen für Mädchen an. 

Den Girls’Day würde es ohne die Initiative D21 in dieser Form nicht geben. Da konnten die beteiligten Unternehmen eine Menge bewirken.
Prof. Barbara Schwarze, Präsidiumsmitglied und Schatzmeisterin der Initiative D21

Auch in Zukunft würde sie nicht auf die große Medienpräsenz und die starke Wirkung dieses Tages verzichten wollen. Prof. Barbara Schwarze war im Jahr 2000 über die D21-Arbeitsgruppe „Frauen und IT“ zur Initiative D21 gekommen, die sich seit ihrer Gründung kontinuierlich auf verschiedensten Ebenen für Frauen engagiert.

Die Initiative D21 stellt sich neu auf

Die Zahl der Mitglieder der Initiative D21 stieg in den ersten fünf Jahren auf knapp 300 Unternehmen und Institutionen. Einmal im Jahr kamen alle zu einem großen Kongress mit über tausend Teilnehmenden zusammen. Die vielen dutzenden Themen fanden sich anschließend in einem dicken Jahresband wieder. „Das war ein unglaublicher Aufwand, auch finanzieller Art“, blickt Prof. Barbara Schwarze zurück, die seit 2004 Schatzmeisterin der Initiative D21 ist. „Es wurde mit der Zeit deutlich, dass so ein Riesenakt für die Initiative D21 als gemeinnütziger Verein kaum mehr zu schaffen war.“ Stattdessen ging man zu kleineren Veranstaltungen über, zum Beispiel von einzelnen Arbeitsgruppen oder zur Präsentation neuer Studien.

Auch in Bezug auf die strategische Ausrichtung wurde nach mehreren Wechseln in der Führung der Wunsch nach Veränderung im Verein größer. Bereits im Frühjahr 2007 kündigte der damalige Präsident Bernd Bischoff gegenüber der Presse eine Neuaufstellung der Initiative D21 an. Ziel war es, die Projekte unter dem Dach der drei Säulen „Digitale Integration“, „Digitale Kompetenz“ und „Digitale Exzellenz“ zu konzentrieren und fokussierter vorzugehen. Eine Strategietagung der Initiative D21 im September 2008 war dazu ein weiterer Schritt: 30 Vertreter*innen des Vereins kamen zusammen, um die Weichen für die künftige Ausrichtung zu stellen.

Hannes Schwaderer, der diese Zeit als Vizepräsident miterlebte, erinnert sich an die damalige „Selbstbeleuchtung“: „In den ersten Jahren kam mit jedem neuen Mitgliedsunternehmen oft auch ein neues Lieblingsprojekt, das unter dem Schirm der Initiative D21 weitergeführt wurde. Wir haben irgendwann festgestellt, dass wir für 100 Dinge stehen, was nicht geht, und dass wir uns auf wenige Themen konsolidieren müssen, für die wir wirklich stehen.“ Es wurde Zeit, den Verein aufzuräumen und das Profil der Initiative D21 zu schärfen: eher weg von firmengesponserten Projekten, stärker hin zu strategischen Themen der digitalen Gesellschaft. „Wir haben dadurch auch Mitglieder verloren, aber das war eine gewollte Zäsur“, sagt Hannes Schwaderer, der die Initiative D21 von Januar 2009 bis September 2023 als Präsident vertrat. „Heute geht es vor allem darum, dass Entscheider*innen aus Unternehmen zu wichtigen Themen zusammenkommen, dass wir Kompetenzen bündeln und unterschiedliche Sichtweisen in Projekte einbringen.“


Wir sind online – und jetzt? (2009–2019)

2009 waren 70 Prozent der Deutschen online, 66 Prozent von ihnen mit Breitband. 2010 konstituierte sich im Bundestag die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft.“ 2014 stellte die Bundesregierung die Digitale Agenda auf. Es gab (immer noch) viel zu tun – auch für die Initiative D21.

Dass am 5. Mai 2010 die Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ ihre Arbeit aufnahm, erfüllten damaligen Präsidenten Hannes Schwaderer rückblickend auch mit etwas Stolz. Im Namen der Initiative D21 hatte er persönlich im politischen Berlin für den Vorschlag eines ressortübergreifenden Gremiums zur Digitalisierung geworben – mit Erfolg. „Wir haben die Frage ‚Welche Konsequenzen hat die Digitalisierung für die Gesellschaft?‘ in den Vordergrund gerückt“, so Schwaderer. Für die „breite Masse“ der Abgeordneten schuf die Initiative D21 mit der Veranstaltungsreihe „Enquete um 12!“ zudem eine Plattform für Impulsvorträge und Diskussionen rund um Digitalisierungsthemen.

Die Initiative D21 geht noch stärker in die Tiefe

„Wir sind jetzt alle im Internet, das haben wir weitestgehend geschafft. Aber nun werden wir mit Folgefragen konfrontiert“, beschreibt Vizepräsident Thomas Langkabel die neuen Aufgaben der Initiative D21. Der Fokus liegt nicht mehr auf dem Zugang: Wer ist online, wer nicht? Sondern auf der digitalen Kompetenz: Wie kompetent sind die, die online sind, und wie vermitteln wir die nötige Kompetenz, um sich verantwortlich und selbstbestimmt durch die digitale Welt zu bewegen?

Dazu schaut die Initiative D21 noch differenzierter hin. Ihre größte Studie, den (N)Onliner Atlas, hat sie 2013 zum D21-Digital-Index weiterentwickelt. Der eGovernment MONITOR liefert seit 2010 jährlich ein Lagebild über die Nutzung und Akzeptanz von E-Government-Angeboten in Deutschland. Zudem nehmen weitere Studien einzelne Themen unter die Lupe, wie zum Beispiel „Online-Banking“ (2014) oder „Schule digital“ (2016). „Wir setzen uns heute intensiver als früher mit vielen thematischen Bereichen auseinander“, sagt auch Präsidiumsmitglied Prof. Barbara Schwarze.

Diskussionen zur Digitalisierung will die Initiative D21 gezielt aus IT- oder Expert*innen-Blasen heraus in die gesamte Gesellschaft tragen und mit allen Gruppen der Gesellschaft führen. In den Arbeitsgruppen der Initiative D21 sind Vertreter*innen verschiedenster Berufs- und Gesellschaftsgruppen. „Hier reden nicht nur IT-Menschen mit IT-Menschen. Hier diskutieren Menschen, die sonst nicht zusammenkommen, über Fach- und Kompetenzsilos hinweg“, betont Thomas Langkabel.

Bei vielen Themen hat sich im Laufe der Jahre auch die Diskussionsgrundlage in Politik und Gesellschaft verändert. Beispiel Breitband: Heute muss niemand mehr überzeugt werden, dass Aufholbedarf im Ausbau besteht. Stattdessen dreht sich die Diskussion um Nutzenmodelle, etwa über die Frage, wie man Breitband für Zukunftsthemen wie autonomes Fahren nutzen kann.

Die Initiative D21 wandelt sich gemeinsam mit der Digitalisierung

Ob Mobilität, Gesundheit oder Bildung – je digitaler das Leben wird, desto mehr Chancen als auch Herausforderungen kommen auf die Gesellschaft zu. Welche digitalen Entwicklungen werden unsere Gesellschaft als nächstes beeinflussen? Dieser Weitblick ist zentral für die Arbeit der Initiative D21. Sie setzt sich schon heute mit Fragen auseinander, die in den nächsten Jahren beantwortet werden müssen. Seit Anfang 2017 heißen die drei großen Themenbereiche: digitale Selbstbestimmtheit, digitale Lebenswelt, digitaler Standort.

„Der Gedanke der Initiative D21 war und ist immer: der Politik Ideen zu geben und zu zeigen, wo sie hinschauen soll. Welche Themen das sind, hat sich im Laufe der Jahre verändert. Das spiegelt sich auch in den Arbeitsgruppen wider“, sagt Thomas Langkabel, der über das Thema E-Government zur Initiative D21 kam. Beispiel Künstliche Intelligenz: Bereits seit Anfang 2017 widmet sich die Initiative D21 in einer Arbeitsgruppe dem Thema digitale Ethik, mit dem sich seit 2019 nun auch die Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz“ des Bundestages beschäftigt.

Wir werden jeden Tag neue Fragen dazubekommen, je mehr sich die Künstliche Intelligenz in unsere Lebensbereiche vorschiebt. Es wird uns bei der Initiative D21 nicht langweilig.
Hannes Schwaderer, von 2009 bis 2023 Präsident der Initiative D21

Dass mehr und mehr Tätigkeiten von Maschinen produktiver oder qualitativ besser als von Menschen ausgeführt werden, wird nach Einschätzung von Thomas Langkabel große Implikationen und gesellschaftliche Fragen mit sich bringen. Zum Beispiel: Wie schaffen wir es, für alle Menschen sinnvolle Arbeit anzubieten? In ungefähr zehn Jahren könnte das Quantencomputing zur Marktreife kommen und neue Dimensionen in der Künstlichen Intelligenz eröffnen. „Wir wissen nicht, welche technische Innovation um die Ecke biegt“, sagt Langkabel, „aber sicher ist: Die Initiative D21 wird sich damit beschäftigen.“

Meilensteine der Initiative D21

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Porträt von Rebecca van der Meyden

Rebecca van der Meyden, Referentin Öffentlichkeitsarbeit (sie/ihr)

Porträt von Esther Ecke

Esther Ecke, Referentin Pressearbeit (sie/ihr)